SZ-Kolumne "Mitten in ...":Ein Piks, der Lebern rettet

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Die SZ-Korrespondentin in Berlin erlebt in einer Arztpraxis ein Impf-Aufklärungsgespräch mit besonderen Hindernissen. Drei Anekdoten aus Deutschland und der Welt.

Mitten in ... Berlin

Illustration: Marc Herold (Foto: N/A)

Den beiden älteren Herren, die im winzigen Wartezimmer einer Arztpraxis in Kreuzberg sitzen, merkt man zwei Dinge an. Zum einen, dass sie schon viel erlebt haben; angeregt unterhalten sich die beiden über die Hausbesetzungen, an denen sie in den Achtzigerjahren teilgenommen haben. Zum anderen strahlen sie Freude aus, hier zu sein - die beiden sollen gleich gegen Covid geimpft werden. Die gute Laune verschwindet, als die Sprechstundenhilfe mit den Papieren zum Unterschreiben kommt und die Männer darauf hinweist, dass sie nach der Impfung drei Tage lang keinen Alkohol trinken dürfen. Die beiden überlegen, ob sie aufstehen sollen und gehen, das Wochenende ist schließlich nahe. Doch dann sagt der eine: "Weißt du was, das ist gar nicht so schlecht: Die Impfung ist nicht nur gegen Corona gut, sondern auch für unsere Leber." Verena Mayer

Mitten in ... Murnauer Moos

Illustration: Marc Herold (Foto: N/A)

Ein milder Frühlingstag, Zeit, mal die Spaziergangsumgebung zu verändern, also raus aus der Stadt und auf ins Murnauer Moos. In der Ferne leuchten die noch schneebedeckten Alpen, über dem Schilf kreist ein Bussard, den Weg säumen erstaunlich viele Bänke zum Verweilen. Die Menschen, die sie gestiftet haben, haben sich auf Schildern verewigt, meist in Form von Sinnsprüchen ("Schön ist alles, was man mit Liebe betrachtet"), manchmal auch mit schlichten Anweisungen ("Treibe Sport und bleibe gesund"). Die Gedanken hängen noch der einen oder anderen Weisheit nach, da fällt der Blick auf ein weiteres Schild. Was mag hier wieder Kluges eingraviert sein? Ein Ehepaar, Dieter und Ursula, hat sich für ein profanes Bekenntnis entschieden: "Bänke fehlten am Weg. Wir kauften eine Bank. Ihnen und uns zur Freude." Deutschland, das Land der Dichter und Bänker. Mareen Linnartz

Mitten in ... Incheon

Illustration: Marc Herold (Foto: N/A)

Der PCR-Test am Flughafen von Seoul verlief mit südkoreanischer Präzision. Hinkommen, zahlen, testen, warten. Es dauerte nur wenige Stunden. Jetzt also darf man in einem winzigen Sprechzimmer Platz nehmen, um das Ergebnis in Empfang zu nehmen. Eine Dame in Schutzkleidung hat das Zertifikat schon vor sich liegen. Aber sie stutzt. Irgendetwas stört sie an dem Schriftstück. Aber was? Der Befund? Kleinlaute Nachfrage: "Der Befund ist negativ, oder?" - "Jaja", sagt die Frau geistesabwesend. Angestrengt schaut sie auf das Papier. Was ist los? Hat der PCR-Test vielleicht etwas anderes aufgedeckt? Eine seltene Krankheit? Ein Herzleiden? "Da stimmt was nicht", sagt sie. Tuberkulose? Krebs? Ihre Stirn liegt in Falten. Wie schlecht steht es, Frau Doktor? Sie macht keine Umschweife mehr: "In Ihrer abgeschriebenen Reisepassnummer - da ist ein Zahlendreher drin." Thomas Hahn

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