Corona-Pandemie:Beim Impfen "auf der Überholspur"

Jens Spahn arbeitet mit "Spahnscher Empirie".

Der Minister arbeitet mit "Spahnscher Empirie".

(Foto: Christian Marquardt/Getty Images)

Mit der Verkürzung der Frist zwischen Erst- und Zweitimpfung will Gesundheitsminister Jens Spahn den Impfstoff von Astra Zeneca attraktiver machen. Die Lockerungen für Geimpfte helfen zusätzlich.

Von Nico Fried, Berlin

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat die Entscheidung verteidigt, die Priorisierung für den Impfstoff Astra Zeneca vorzeitig aufzuheben und trotz einer möglicherweise schwächeren Immunisierung auch die Verkürzung der Frist zwischen der ersten und zweiten Impfung in Kauf zu nehmen. Es gehe darum, das aktuelle Tempo der Impfkampagne zu halten, sagte Spahn am Freitag.

Nach seinen Angaben wurden am Donnerstag zum wiederholten Male mehr als ein Prozent der Bevölkerung an einem Tag geimpft. Damit befinde man sich mittlerweile auch im internationalen Vergleich "auf der Überholspur", so der Minister.

Spahn räumte ein, dass die Wirkung des Impfstoffs von Astra Zeneca mit der Dauer des Zeitraums zwischen erster und zweiter Impfung zunehme. "Das ist so", sagte Spahn. Bislang war von der Ständigen Impfkommission (Stiko) zwischen Erst- und Zweitimpfung eine Frist von etwa zwölf Wochen empfohlen worden. Die Zulassung des Wirkstoffes von Astra Zeneca sei aber auf eine Mindestdauer des Intervalls von nur vier bis sechs Wochen ausgerichtet, so der Minister. Deshalb könne man mit einer Verkürzung im Rahmen der Vorgaben für die Zulassung unter anderem dem Wunsch von Hausärzten nachkommen, mehr Flexibilität zu ermöglichen. Er traue den Ärzten zu, "dass sie da verantwortliche Entscheidungen treffen", sagte der CDU-Politiker.

Spahn verwies indirekt auch auf die Begehrlichkeiten, die von den Lockerungen für vollständig Geimpfte ausgingen, die von diesem Wochenende an in Deutschland gelten. Wenn Personen, die jetzt im Mai die erste Impfung mit Astra Zeneca erhalten, angesichts der bevorstehenden Sommer- und Urlaubszeit keine Lust hätten, bis in den August zu warten, dann halte er das für "eine zutiefst menschliche Reaktion". Er habe allein schon in seinem persönlichen Umfeld etliche Anfragen bekommen, ob man die Frist "nicht zumindest mal etwas verkürzen" könne. Der Gesundheitsminister sprach in diesem Zusammenhang scherzhaft von "spahnscher Empirie".

"Die dritte Welle scheint gebrochen."

Nach dem Bundestag am Donnerstag stimmte auch der Bundesrat am Freitag der entsprechenden Verordnung zu, mit der bestimmte Beschränkungen für Immunisierte entfallen. Vollständig gegen Covid-19 Geimpfte und Genesene brauchen demnach beim Einkaufen oder für den Friseurbesuch keinen negativen Test mehr. Sie können sich auch privat ohne Einschränkungen treffen. Ausgangsbeschränkungen fallen ebenfalls weg. Für vollständig geimpfte Reisende gilt bei der Rückkehr nach Deutschland keine Quarantänepflicht mehr, es sei denn, sie kommen aus einem Gebiet mit hohem Vorkommen von Virusmutationen.

Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) forderte die Geimpften zu einem "verantwortungsvollen Umgang mit dem eigenen Glück" auf. Sie sollten sich nicht zu überschwänglich verhalten, um Frustration und Neid derer vorzubeugen, die sich noch nicht impfen lassen können. Vollständig mit der notwendigen zweiten Spritze geimpft sind mittlerweile rund 7,4 Millionen Menschen, das entspricht 8,8 Prozent der Bevölkerung. Mindestens eine erste Impfung haben laut Gesundheitsministerium 26,2 Millionen Personen. Dies entspricht einem Anteil von 31,5 Prozent.

Spahn sagte angesichts der seit Tagen sinkenden Infektionszahlen: "Die dritte Welle scheint gebrochen." Zugleich mahnte er weiter die Einhaltung der Hygiene- und Abstandsregeln an. Berechtigte Zuversicht dürfe nicht dazu führen, "dass wir bei Kontaktbeschränkungen nachlässig werden". Der Abwärtstrend müsse verstetigt werden. Er warnte deshalb vor zu schnellen Lockerungen: "Zu viele öffnen gerade ziemlich viel bei relativ hoher Ausgangsinzidenz", sagte Spahn. Zu viel Ungeduld würde aber "nur dem Virus helfen". Lockerungen sollten vorrangig draußen kommen - etwa in der Gastronomie oder bei Kulturveranstaltungen und abgesichert mit Tests. Die Zahl der gemeldeten Neuinfektionen lag am Freitag bei 18 485. Die bundesweite Inzidenz, also die Zahl der Ansteckungen pro 100 000 Einwohner in sieben Tagen, fiel nach Angaben des Robert-Koch-Instituts (RKI) auf 125,7. Vor einer Woche waren es noch 153,4.

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