Wahlumfragen:Im Mai

Für Annalena Baerbock sieht's weiterhin gut aus. Zeit, an Schulz und Scharping zu erinnern.

Von Detlef Esslinger

Deutschland schien auf dem Weg zu sein, einen Bundeskanzler namens Rudolf Scharping ins Amt zu hieven, 27 Jahre ist das her. Im Frühjahr 1994, Monate vor der Bundestagswahl also, lag dieser Herausforderer in den Umfragen deutlich vor Helmut Kohl. Und dann 2017: ebenfalls ein aussichtsreicher SPD-Kandidat, dank ihm kam seine Partei auf 30 Prozent, in den Umfragen. "Schulz-Effekt" hieß das Wort dafür.

So viel der Erinnerung, als Service für all jene, die bereits gewiss sind, dass der Nachfolger von Angela Merkel eine Nachfolgerin sein wird, Annalena Baerbock nämlich. Auch im ARD-Deutschlandtrend und im ZDF-Politbarometer, den beiden renommiertesten Umfragen, liegen deren Grüne vor der Union; und ihre persönlichen Werte sind besser als die von Laschet, CDU, und Scholz, SPD. Einen nach den beiden benannten Effekt hat es ohnehin nie gegeben; kann aber auch ein Vorteil sein, wenn das Volk eh wenig erwartet von einem. Ohnehin ist der Vorsprung der Grünen so knapp, dass er im Bereich der Fehlermarge liegt. Es ist Mai, bis zur Wahl kann noch viel passieren: eine Flut, ein blöder Tweet, noch 'ne Pandemie. Vielleicht ist Baerbock demnächst Kanzlerin, vielleicht tourismuspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion.

Ihr größter Vorteil derzeit: Über sie spricht man, über Laschet redet man, und über die SPD weder noch. Am Sonntag kommen die Sozialdemokraten zu einem virtuellen Parteitag zusammen, ihre leichteste Aufgabe diesmal war, sich auf einen Kanzlerkandidaten zu einigen. Jetzt kommt die herkulische: die Leute neugierig zu machen, irgendwie, und zwar schnell.

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