Bayern-Stürmer Lewandowski:Noch ein Tor

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Verteidigern bleibt nur das Staunen: Robert Lewandowski bei seinem zweiten Tor gegen Gladbach. (Foto: Christof Stache/Pool via Reuters)

Robert Lewandowski fehlt nach drei Treffern beim 6:0 gegen Gladbach nur noch einer zum Tor-Rekord von Gerd Müller. Er ist entschlossen, die Bestmarke zu knacken - nur eine gelbe Karte darf er nicht mehr kassieren.

Von Sebastian Fischer

Es war eine nicht ganz einfache Frage, die Robert Lewandowski beantworten musste, sie verlangte von ihm eine nahezu historische Einschätzung. Der Stürmer war der Erste, der am Samstagabend nach der kleinen Feier auf dem Rasen in jener Ecke der Münchner Arena stand, in der die Fernseh-Interviews stattfinden. Gerade hatte er noch im Mannschaftskreis gejubelt, mit den Kollegen "Campeones" durchs leere Stadion gerufen. Er trug das T-Shirt und die Kappe mit der "9" vorne drauf, für den neunten deutschen Meistertitel des FC Bayern in Serie. Nun ging es um ihn.

Letzte Frage aus dem Studio des Senders Sky: Was denn "Bomber der Nation" auf Polnisch heiße? Puh, Lewandowski lachte, das könne man nicht übersetzen. Er versuchte es zunächst trotzdem, aber entschied sich dann dafür, dass man auch in Polen einfach "Bomber" sagen könne: "Das passt auch."

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Gerd Müller, der "Bomber der Nation", hat in der Saison 1971/72 40 Tore für den FC Bayern geschossen, was jahrzehntelang als unerreichbarer Rekord galt, bis Lewandowski in dieser Saison anfing und nicht mehr aufhörte, mehr Tore zu schießen, als eine Saison Spiele hat. Bei 39 steht er nun, zwei Spieltage vor Schluss. Und es passte natürlich vorzüglich zu dieser Saison des FC Bayern, dass er an jenem Tag drei Tore zu einem 6:0 gegen Borussia Mönchengladbach beitrug, an dem die Mannschaft die 31. Meisterschaft der Vereinsgeschichte feiern durfte, weil der längst gewonnene Titel nun auch nach den Gesetzen der Mathematik feststand.

Dass sie Meister waren, weil der vor dem drittletzten Spieltag auf sieben Punkte Rückstand distanzierte Verfolger RB Leipzig mit 2:3 in Dortmund verlor, das erfuhren die Bayern zwischen Mannschaftsbus und Kabine. Manche schauten die letzten Minuten des Spiels in Dortmund im Livestream auf dem Handy bei der Platzbegehung auf dem Rasen, andere sahen den Schlusspfiff in den Katakomben.

Es sei "schon ein Raunen durch die Kabine gegangen", erzählte Thomas Müller, man habe sich beglückwünscht. Aber dann habe sich die Mannschaft "noch mal gepusht, einen draufzusetzen". Außerdem "gibt's ja noch die Geschichte mit Lewy", fügte er hinzu: "Da steht die Mannschaft voll dahinter." Und "eventuell", sagte Müller lachend, habe man diesen Eindruck ja auch bei der Betrachtung des Spiels gewinnen können.

Die zweite Geister-Meister-Feier: Der Bayern-Mannschaftskreis in der ansonsten so gut wie leeren Arena. (Foto: Matthias Schrader/dpa)

Das 6:0 gegen fast bemitleidenswert überforderte Gladbacher war eine Demonstration der Überlegenheit des FC Bayern in Deutschland - und eine Show der Klasse Lewandowskis. Erst traf er zum 1:0 so früh wie noch nie in seiner Bundesliga-Karriere, nach nicht mal zwei Minuten. Dann so schön wie lange nicht mehr zum 3:0, mit einem Seitfallzieher in die kurze Ecke. Und schließlich zum 5:0 per Strafstoß. Zum fünften Mal in dieser Saison erzielte er mindestens drei Tore in einem Spiel.

Wenn man die Spielzeit des FC Bayern zusammenfassen will, dann muss es dabei um den Streit zwischen Trainer Hansi Flick und Sportvorstand Hasan Salihamidzic gehen, bis hin zur Trennung in diesem Sommer, nach sieben Titeln für Flick binnen 18 Monaten.

Auch darüber hinaus war es keine ganz unproblematische Runde, geprägt von Müdigkeit wegen des engen Terminplans, gekennzeichnet von zwischenzeitlichen Schwächen, etwa beim Zweitrunden-Aus im DFB-Pokal gegen Holstein Kiel. Es wurde immer wieder über die für einen Meister ungewöhnlich anfällige Defensive gesprochen, 40 Gegentore sind immerhin nur der viertbeste Wert der Liga.

Was allem Trubel und allen vermeintlichen Mängeln allerdings konstant entgegenstand, das waren: Tore. 92 sind es in der Liga, bis jetzt. Die fast jeden Gegner erdrückende Wucht im Spiel des FC Bayern geht einerseits zu einem großen Teil auf die Ideen von Flick zurück, weshalb es zu den interessanten Fragen der Zukunft zählt, wie der neue Trainer Julian Nagelsmann dessen Fußball weiterentwickeln wird. Der Offensivgeist lebt neben dem taktischen Plan, den Gegner früh anzugreifen, von der Rasanz auf den Flügeln, von Müllers Klasse in der Mitte natürlich, aber in letzter Konsequenz von Lewandowski.

Im Champions-League-Viertelfinale fehlte Lewandowskis Effizienz

Als er im April wegen einer Bänderdehnung sechs Spiele verpasste, waren darunter auch die beiden im Champions-League-Viertelfinale gegen Paris Saint-Germain, in denen die Münchner letztlich vor allem wegen ihrer schwachen Chancenauswertung ausschieden. "Gerade in einer wichtigen Phase haben wichtige Spieler gefehlt", sagte am Samstag auch Flick noch mal, der ansonsten zur Feier des Tages nur von seiner Mannschaft schwärmte.

Über die Fähigkeiten des Stürmers, seinen niemals versiegenden Ehrgeiz und seinen Antrieb, auch im Alter von bald 33 Jahren noch besser werden zu wollen, ist im Grunde schon alles gesagt und geschrieben worden, als er zum Ende des vergangenen Jahres die Weltfußballertrophäe gewann, noch für seine Verdienste in der Vorsaison.

Auch wenn man natürlich nicht alles überinterpretieren sollte, zeigte er gegen Gladbach noch mal etwas von seiner häufig besonders hervorgehobenen Entwicklung, die Müller mal mit der grinsend vorgetragenen Bemerkung beschrieb, Lewandowski freue sich inzwischen auch "fast" über Vorlagen, nicht nur über eigene Treffer. Das 4:0 am Samstag legte er für Kingsley Coman auf, anstatt selbst den Abschluss zu suchen.

"Es hilft nicht, wenn du es zu sehr willst", sagte er. Dass er es natürlich trotzdem sehr will, diese 40-Tore-Marke erreichen, das zeigte zum Beispiel der Jubel über sein Elfmetertor zum 5:0, der mehr nach Genugtuung denn nach Freude aussah, fast wie Erleichterung.

Lewandowski steht bei vier gelben Karten, bei der fünften wäre er gesperrt. Das ist deshalb erwähnenswert, weil es kaum vorstellbare Gründe gibt, dass er den Rekord nicht einstellt, wenn er in den letzten beiden Partien in Freiburg und gegen Augsburg mitspielt. Er könnte natürlich verzichten, wenigstens auf das 41. Tor, aus Respekt vor der historischen Größe Gerd Müllers. Doch vielleicht würde das nicht passen zu seinem Wesen, das auch das dieser Mannschaft ist. Er gebe weiter Gas, hat er gesagt.

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