Grand Prix von Spanien:Hamiltons perfekte Tüfteleien

F1 Grand Prix of Spain

Beseelt von der eigenen Aufholjagd: Lewis Hamilton nach seinem Sieg in Barcelona.

(Foto: Pool/Getty)

Der Weltmeister und Mercedes erweisen sich beim Rennen in Barcelona als überlegen - in Sachen Technik und auch bei der Taktik. Sehr zum Verdruss von Herausforderer Verstappen, der mit dem eigenen Auto hadert.

Von Anna Dreher, Barcelona

Max Verstappen wirkte nicht, als sei er sauer auf sich, sein Team oder irgendeine höhere Macht. Er selbst hatte ja alles dafür getan, um mit seinem schnellen Rennwagen am Ende auch tatsächlich der Schnellste von allen zu sein. Frustriert über die Gesamtsituation war er aber schon. Das war deutlich zu hören, als er seinen Red Bull über den Asphalt lenkte. Und auch danach.

Der Formel-1-Fahrer kam nach den 66 Runden beim Grand Prix von Spanien zu einer Erkenntnis, deren erster Teil sich gut auf Tassen und T-Shirts für Fans einer gelassenen Weltanschauung drucken ließe. Und deren zweiter Teil den Kern des Problems traf. "Es ist, was es ist", sagte der Niederländer am Sonntag. "Es ist unmöglich, sie hinter dir zu lassen."

Verstappen meinte damit Lewis Hamilton und Mercedes. Diese seit Jahren so erfolgreiche Paarung, die dank einer brillant umgesetzten Idee erneut gezeigt hatte, wie unfassbar schwierig es ist, sich gegen sie zu behaupten, weil ihr so selten Fehler unterlaufen. Für die es kein Problem ist, innerhalb von 18 Runden einen Rückstand von 22 Sekunden aufzuholen, um erneut ein Rennen zu drehen. Es war Hamiltons fünfter Sieg in Serie auf jener Strecke, die seinem Arbeitgeber traditionell liegt, auf der jedoch dieses Jahr Red Bull ein Erfolg zuzutrauen war.

Nach dem Grand Prix von Spanien stellen sich einige Fragen

Verstappen war vor den 1000 Zuschauern hinter dem siegreichen siebenmaligen Weltmeister und vor dessen Teamkollegen Valtteri Bottas über die Ziellinie gefahren. Sebastian Vettel wurde 13., Mick Schumacher 18. Für den Titelkampf bedeutet das: Von vier Saisonläufen hat Hamilton nun drei gewonnen, Verstappen einen. Punktemäßig steht es 94:80. Bei 19 verbleibenden Terminen - die Formel 1 hat sich viel vorgenommen - ist noch nichts entschieden. Aber nach dem als richtungsweisend geltenden Rennen von Barcelona stand eben die entwaffnende Erkenntnis: Red Bull hatte nicht viel falsch gemacht - und verpasste dennoch den Sieg.

Die Sache ist ja: Selbst, wenn das britisch-österreichische Team eine andere Strategie gewählt hätte, wäre das Ergebnis wohl ähnlich ausgefallen. Zwangsläufig stellen sich einige Fragen. Wie wird der Rennstall damit umgehen? Was bedeutet das für die nächsten Rennen? Und was für die diesjährige Weltmeisterschaft überhaupt? Ist dieses eigentlich auf Augenhöhe eingestufte Duell in ein paar Wochen womöglich eines, das mit mehr Abstand geführt wird als bisher angenommen? Oder verschieben sich die Kräfteverhältnisse schon beim nächsten Aufeinandertreffen in Monaco wieder, und die jüngste Darbietung war gar kein Fingerzeig auf die Endabrechnung?

Verstappen überrascht sein Team mit einem frühen Boxenstopp

Als er aus seinem Auto ausgestiegen war, sagte Verstappen: "Wir hätten nicht viel anders machen können. Als Lewis zu einem weiteren Stopp abbog, wusste ich, es ist vorbei, weil ich schon zu kämpfen hatte. Ich war ein leichtes Opfer. Das zeigt, dass wir noch nicht da sind, wo wir sein wollen." Red-Bull-Motorsportberater Helmut Marko meinte bei Sky: "Wenn so eine Überlegenheit da ist und so ein Top-Fahrer, kannst du dagegen nicht ankämpfen. Wir haben auf ein weiteres Safety-Car gehofft, vielleicht hätten wir dann Glück gehabt, aber das ist heuer nicht ganz auf unserer Seite."

Verstappen hatte sich bei den vorherigen drei Grand Prix mit drei Fehlern um Punkte gebracht. Auch nun unterlief ihm ein Missgeschick, dem wohl ein Missverständnis zu Grunde lag: Der 23-Jährige bog zu früh in die Boxengasse ab und stand dort lange, weil seine Mechaniker auf diesen Besuch nicht vorbereitet waren. Ein ärgerlicher Moment.

Entscheidend waren aber andere Aspekte: die höhere Geschwindigkeit der Mercedes bei gleichzeitig schonender Reifenbehandlung; und die clevere Strategie in diesem stark von Taktik geprägten Rennen auf dem Circuit de Barcelona-Catalunya. Verstappen war gut gestartet, überholte Hamilton in der ersten Kurve geschickt. Letzterer zog dabei zurück, "ein Grand Prix ist ein Marathon, kein Sprintrennen", sagte der 36 Jahre alte Brite dazu. Als Verstappen in der 29. Runde zum Reifenwechsel fuhr, sahen die Mercedes-Strategen eine Chance zu einer entscheidenden Planänderung: die Zahl der Stopps auf zwei zu verdoppeln.

F1 Grand Prix of Spain

Weiter voneinander entfernt als in den vergangenen Rennen: Herausforderer Max Verstappen (links) und Dauerweltmeister Lewis Hamilton.

(Foto: Xavier Bonilla/Getty Images)

Vier Durchgänge nach Verstappen kam Hamilton zum ersten, in der 42. Runde zum zweiten Mal an die Box. Reagieren konnte Red Bull nicht, Verstappen hätte nur noch die weiche Gummimischung aufziehen können - die hätten bei der Gegenwehr bis zum Schluss auch nicht viel geholfen. Hamilton lag nun 22 Sekunden zurück. Aber Mensch, Maschine und Taktik griffen reibungslos ineinander. "Ich wusste nicht, ob ich am Ende noch genug Pace haben würde", sagte Reifenflüsterer Hamilton. "Andererseits war mir klar, dass es für ihn noch schlechter aussieht. Also war es die perfekte Strategie." In der 60. Runde zog er vorbei, Verstappen konnte sich mit seinen abgenutzten Pneus nicht wehren.

Red Bull setzt seine Hoffnung auf das nächste Wiedersehen in Monaco

Das Fazit und die Lehren aus diesem Wochenende sind klar. "Es ist sehr einfach", sagte Verstappen: "Ich brauche ein schnelleres Auto." Ob das allein hilft? Red Bull setzt seine Hoffnung auf Monaco, bis dahin bleibt Zeit, um am Speed zu tüfteln. Die Erwartungen an Verstappen sind groß. In dieser Form ist der Druck für ihn neu und ihm standzuhalten eine Übung, die Hamilton bereits beherrscht. Auch das wird den Titelkampf beeinflussen.

Als der Routinier lässig mit einer rosa Hose und weißem Shirt auf der abschließenden Pressekonferenz saß, während seine Sitznachbarn noch ihre Overalls trugen, sagte er: "Ich habe heute eine Menge über Max gelernt, vielleicht mehr als in allen anderen Rennen zuvor. Ich habe genau verfolgt, was er macht und habe einiges über sein Auto gelernt und wie er es nutzt. Also war es in dieser Hinsicht ein gutes Rennen." Eine kleine Provokation en passant? Max Verstappen blieb gelassen. Noch ist die Saison lang.

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