Nahostkonflikt:Angst vor Bürgerkrieg in Israel

Nahostkonflikt: Eine israelische Panzerhaubitze feuert auf Ziele im Gazastreifen.

Eine israelische Panzerhaubitze feuert auf Ziele im Gazastreifen.

(Foto: Yonatan Sindel/AP)

Innerhalb des Landes kommt es zu Gewalt zwischen Juden und Arabern. Trotz mahnender Appelle aus dem Ausland eskaliert auch der Konflikt mit der Hamas in Gaza.

Von Paul-Anton Krüger

Der militärische Schlagabtausch zwischen Israel und der militanten Palästinenserorganisation Hamas eskaliert wie seit dem Gaza-Krieg 2014 nicht mehr. Er führte am Donnerstag den zweiten Tag in Folge auch zu brutaler Gewalt zwischen jüdischen und arabischen Bürgern in Israel. Die Ausschreitungen erreichten solche Ausmaße, dass Präsident Reuven Rivlin vor einem Bürgerkrieg warnte. "Wir müssen unsere Probleme lösen, ohne einen Bürgerkrieg zu verursachen, der unsere Existenz mehr gefährden kann als alle Gefahren von außerhalb", sagte er.

Premierminister Benjamin Netanjahu nannte die Vorfälle inakzeptabel und sprach von Anarchie. Israels Bürger dürften das Recht nicht in die eigene Hand nehmen: "Nichts rechtfertigt das Lynchen von Juden durch Araber, und nichts rechtfertigt das Lynchen von Arabern durch Juden."

Die Hamas schoss am Donnerstag weiter Raketensalven auf Tel Aviv und andere Städte in Israel. Die Armee antwortete am vierten Tag der Auseinandersetzung mit massiven Luftangriffen auf Ziele im Gazastreifen. Sie versucht, die Anführer der Kassam-Brigaden, des bewaffneten Arms der Hamas, zu töten sowie wichtige Kader des Militärgeheimdienstes und die Verantwortlichen der Gruppe für die Entwicklung und Produktion von Waffen. Raketenfabriken und Abschussrampen in Gaza wurden ebenso bombardiert wie Gebäude, in denen die Hamas laut Israel Büros unterhält.

Nach Angaben der Gesundheitsbehörden in Gaza wurden dort bis Donnerstagabend 103 Menschen getötet, unter ihnen etliche Kinder. In Israel starben im selben Zeitraum sechs Zivilisten bei Raketenangriffen. Ein Soldat wurde an der Grenze zum Gazastreifen getötet, als Hamas-Kämpfer sein Fahrzeug mit einer Panzerabwehrrakete trafen. Bis zum Abend flog Israels Luftwaffe mehr als 600 Angriffe auf 1000 Ziele, die Hamas und der mit ihr verbündete Islamische Dschihad feuerten mehr als 1700 Raketen auf Israel, von denen 400 im Gazastreifen einschlugen.

Die Armee zog Kampfpanzer und Truppen um das Palästinenser-Gebiet am Mittelmeer zusammen und berief Reservisten ein. Das Sicherheitskabinett genehmigte Bodenoperationen, ohne dass klar war, ob das Militär davon Gebrauch machen würde. Premier Netanjahu sagte, die Operation werde einige Zeit dauern. Ägypten, Katar und die USA bemühten sich unterdessen um Vermittlung.

"Nicht tolerieren, dass auf deutschem Boden israelische Flaggen brennen oder jüdische Einrichtungen angegriffen werden"

In Deutschland kam es in mehreren Städten zu antisemitischen Vorfällen und anti-israelischen Protesten. In Berlin, Bonn, Gelsenkirchen, Hannover, Mannheim, Münster, Solingen und Würzburg wurden Synagogen attackiert, israelische Flaggen verbrannt oder antisemitische Parolen gerufen. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) sagte: "Wir werden nicht tolerieren, dass auf deutschem Boden israelische Flaggen brennen oder jüdische Einrichtungen angegriffen werden."

Außenminister Heiko Maas (SPD) forderte einen besseren Schutz jüdischer Einrichtungen und appellierte, es nicht zu akzeptieren, "wenn Menschen jüdischen Glaubens in Deutschland für Ereignisse im Nahen Osten verantwortlich gemacht werden - auf der Straße wie in den sozialen Medien".

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