Nadal und Djokovic im Tennis:Die alten Wölfe heulen noch

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Sein erster Titel in Rom? Ach was. Sein zehnter. Aber Rafael Nadal freut sich jedesmal wieder. (Foto: Clive Brunskill/Getty)

Rafael Nadal und Novak Djokovic senden furchteinflößende Lebenszeichen an die jüngere Konkurrenz: Die alten Größen finden wieder ihre Form - und Roger Federer meldet sich nun auch zurück.

Von Gerald Kleffmann

Sein Italienisch? Grande! In einem Rutsch bedankte sich Novak Djokovic, vor einem Mikrofon auf dem Campo Centrale stehend, beim Turnierveranstalter, obwohl die Plätze in Rom eine glatte Sechs Minus verdienten. Löcher über Löcher, und die Linien hielten schlecht. Er gratulierte natürlich auch Rafael Nadal, eine Maske trug er dabei, während er in der Landessprache seine Rede vortrug, die auf einmal richtig ulkig wurde. "Ganz klar, Rafa, Roger und ich haben die Next Gen neu erfunden. Wir sind die Next Gen!", sagte Djokovic, und es war zu erahnen: Er lachte unter dem Stück Stoff, der Schelm.

Djokovic findet: "Wir sind auch noch da!"

Später, bei der Pressekonferenz, erklärte er seine Bemerkung, bei der unüberhörbar etwas Belustigtes mitgeschwungen hatte. Ob es ihn manchmal langweile, dass um die Next Gen, also die nächste Generation fähiger Tennisspieler, so ein Terz gemacht wird. "Yeah, das ist der Grund, warum ich geantwortet habe, wie ich geantwortet habe", antwortete diesmal Djokovic. Dann sagte er Nettes über jene Kollegen, die in den Neunziger- und inzwischen auch Nullerjahren geboren wurden, lobte sie, erkannte ihre Klasse an, schloss seine Erklärung allerdings mit dem Satz ab: "Aber wir sind auch noch da."

Si, si, die Big Three, die großen Drei leben noch, sollte das mit einem Schuss Genugtuung heißen.

Wie zum Beweis hatten sich der 34-jährige Nadal und der 33-jährige Djokovic am Sonntag tatsächlich ein intensives Finale geliefert, der Spanier besiegte den Serben im sage und schreibe 57. Duell der zwei mit 7:5, 1:6, 6:3, und am Montag meldete sich auch noch der 39-jährige Federer zurück, zunächst bei einer Pressekonferenz. Der Schweizer hatte 2020 ewig pausiert, aufgrund zweier Eingriffe im Knie, dann im März 2021 in Doha zwei Matches bestritten, mit einem Sieg und einer Niederlage (gegen den Georgier Nikolos Bassilaschwili). In Genf wagt sich Federer nun an sein erstes Sandplatzturnier.

Das Sonderkommando Djokovic-Nadal-Federer wird dann ab 30. Mai erstmals seit eineinhalb Jahren wieder geschlossen bei einer Veranstaltung antreten, den French Open in Paris. Und: Sie treten nicht als Außenseiter an, auch wenn bei Federer wohl ein Sternchen hinter der Form steht. Was er selbst auch so sieht: "Ich würde gerne sagen, Paris ist schon das ultimative Ziel. Aber dafür bin ich nicht ganz bereit", sagte Federer. Trotzdem: Er ist wieder da.

Eine Rückhand, die es kein zweites Mal gibt: Rafael Nadal in seinem Sandplatz-Element. (Foto: Guglielmo Mangiapane/Reuters)

Die ersten Monate und vor allem vergangenen Wochen waren hochinteressant, denn die jüngere Profifraktion hat wirklich zum geballten Sturm auf die Spitze angesetzt, sie kreisen die drei Etablierten ein wie eine hungrige Wolfsmeute. Daniil Medwedew, 25, ist Zweiter der Weltrangliste, Dominic Thiem, 27, Vierter, Stefanos Tsitsipas, 22, Fünfter, Alexander Zverev, 24, Sechster, Andrej Rublew, 23, Siebter, Matteo Berrettini, 25, Neunter.

In Monte-Carlo siegte der Grieche Tsitsipas und feierte seinen ersten Masters-Titel, in Madrid folgte der Deutsche Zverev mit seinem vierten in dieser Kategorie. Und, vor allem: Nadal verlor gegen Rublew und Zverev, Djokovic gegen den Briten Dan Evans. Waren, sind sie etwa angeschlagen? In Rom ja wieder: Matchball für den Kanadier Denis Shapovalov gegen Nadal. Djokovic knapp vor dem Aus gegen Tsitsipas, im Viertelfinale. Und dann?

In Rom standen Djokovic (Erster) und Nadal (Dritter) in der Umkleide - und lachten. "Die alten Jungs geben immer noch nicht auf", das hatten sich die zwei amüsiert zugerufen, wie Djokovic noch vor dem Endspiel verriet. Mehr Zähnefletschen geht nicht.

Was kann Novak Djokovic immer noch schimpfen! Zur Not kriegt auch seine eigene Box die Wut ab. (Foto: Gregorio Borgia/AP)

Auffällig war, dass Djokovic und Nadal zwar die letzten Reserven aufbieten mussten. Aber eben auch: Wenn ein Grand Slam wie jetzt Roland Garros näher rückt, zieht ihre Form an. Und ihre Gier. Ist es nicht eigentlich unfassbar, dass einer wie Nadal nun sein 88. Turnier gewann, sein 62. auf roter Asche - jedes Mal wirft er sich glückstrunken in den Dreck, als hätte er im Lotto gewonnen und endlich keine Existenzängste mehr. Und Djokovic? Zetert und grantelt, als ginge die Welt unter.

Meine Güte, hatte er sein Team in der Box angebrüllt, wie verschreckte Wesen saßen sie da, auch sein Manager Edoardo Artaldi, der sonst großes Selbstbewusstsein in seinen schicken Dandy-Sakkos ausstrahlt. Dazu auch zwei O-Töne: "Nach zehn Titeln in Roland Garros, zehn in Monte-Carlo, zehn in Barcelona, wollte ich diesen wirklich, no?" Nadal bekam nun auch in Rom sein Décima. Djokovic meinte: "Wenn ich spiele wie in Rom, habe ich gute Chancen, bei den French Open den ganzen Weg zu gehen." So heulen nur Ober-Wölfe.

Federer weiß: "Rasen ist anders." Darauf setzt er.

In Italiens Hauptstadt war es mal wieder beeindruckend zu sehen, wie sich Nadal und Djokovic aus engsten Situationen befreiten, sich mit einer Hingabe wehrten, die manchmal schmerzte, und das richtig. Nadal stolperte dreimal über lose Linien beim Rutschen und stürzte wild. Im Finale machte er dabei trotzdem den Punkt, fiel, sprang auf - und jubelte mit der Faust, die Zuschauer - die in überschaubarer Menge ins Stadion durften - johlten.

Nein, eine größere Attraktion im Welttennis der Männer als diese Old Gen gibt es nach wie vor nicht. Federer übrigens hat am Montag übermittelt: "Rasen ist anders, da hoffe ich natürlich schon, große Ziele erreichen zu können, so wie man es kennt." Wimbledon, nur mal so, hat er achtmal gewonnen. Satt? Nicht die, wie Djokovic sie nennt, neue Next Gen!

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