Gymnasium Kirchseeon:Von Da Vinci bis Punk

Das Gymnasium Kirchseeon veranstaltet seinen "Kulturtag" - diesmal zwar ausschließlich digital, aber mit nicht weniger Begeisterung

Wie plant man einen "Kulturtag" in Zeiten von Homeschooling und Pandemie? Den Organisatoren am Gymnasium Kirchseeon war schnell klar: Das wird eine Herausforderung. Ebenso klar war aber auch, dass der Tag auf jeden Fall stattfinden sollte. "Gerade während schwieriger Zeiten sind Kunst, Musik und Literatur schon immer ein Leuchtturm im Meer hoher Wellen gewesen: Schule 2021 besteht nicht nur aus Bildschirm und Corona", sagt Christoph Müller, Musikbeauftragter und Hauptorganisator des Kulturtags. "Und wenn man schon keine Opern oder Museen besuchen kann, dann muss man eben selbst zum Künstler werden. Doch wie gestaltet man einen Kulturtag digital? Geht das überhaupt? Da hätte man doch gerne heimlich bei den verschiedenen Projekten Mäuschen gespielt.

Zum Beispiel in den fünften Klassen. Dann hätte man erfahren, wie sich die Schülerinnen und Schüler schon lange vor dem Kulturtag im Kunstunterricht mit dem Buch "Die geheimnisvolle Welt des Leonardo da Vinci" aus der Reihe "Kinder entdecken berühmte Leute" befasst haben. Wie mischte Leonardo seine Farben? Warum nennt man ihn ein Universalgenie? Was hat es mit der Mona Lisa auf sich? Warum hat er sich mit toten Tieren und Menschen beschäftigt? Am Kulturtag selbst durften die Kinder per Videokonferenz die Autorin des Buchs, Christine Schulz-Reiss, kennenlernen. Sie las vor, beantwortete geduldig und kenntnisreich alle Fragen und zeigte sich begeistert vom Engagement der Fünftklässler. Am Ende der kurzweiligen Begegnung stand eine Aufgabe, die sich die Kunstlehrerinnen Ruta Dressler und Martina Klauser-Oeckl überlegt hatten: Die Kinder sollten zuhause ganz im Sinne Leonardos selbst einen Flugapparat aus Gartenmaterialien bauen. Die Ergebnisse können sich zumindest sehen lassen; ob die gewagten Konstruktionen aber auch fliegen, ist ungewiss.

Ein Mäuschen hätte auch die sechste Jahrgangsstufe bei ihrer künstlerischen Annäherung an "Drachen" beobachten können. Mit einem kurzen Film wurden die Kinder in das Thema eingeführt und danach zu einer eigenständigen praktischen Arbeit angeleitet. Alles benötigte Material war bereits mit nach Hause gegeben worden. Für die Schülerinnen und Schüler der siebten Jahrgangsstufe drehte sich alles um das Thema Mauerfall. Juliane Breinl las per Videokonferenz aus ihrem erzählenden Sachbuch "Mein Mauerfall. Von der Teilung Deutschlands bis heute", dessen Stärke darin liegt, dass die Autorin von persönlichen Erfahrungen berichten kann. Da kommt der Opa zu Wort, der seiner DDR nachtrauert, die Tante, die als Kind überzeugte Pionierin war, die Pensionswirtin, die den Russen die Schuld zuweist, und die Mutter, die im Jubiläumsjahr zugibt, dass sie die "Erinnerungen an die Scheiß-Grenze" aufregen.

Im Anschluss an die Lesung trafen sich die Schülerinnen und Schüler in ihrem jeweiligen digitalen Klassenzimmer, um dort eine ganz analoge Schatzkiste zu knacken, die von Matthias Ott vorbereitet worden war: Da galt es, mit Hilfe des Mauerfall-Buchs Kreuzworträtsel richtig zu beantworten, bei einem Memory-Spiel zum Thema Berlin die korrekten Pärchen zu finden, eine Grenzanlage richtig zu "beschriften" und die zauberhafte Wirkung von UV-Licht zu entdecken. Schließlich haben es alle Klassen geschafft und dabei gelernt, dass man manchmal um die Ecke denken muss, um ein Problem zu lösen.

Sportlich und musikalisch ging es in den achten und neunten Klassen zu, die sich für einen der beiden Bereiche entscheiden konnten. Wer Musik wählte, konnte in Gruppen oder alleine nach einer kurzen Einführung einen eigenen Songtext schreiben. Dafür hatten Christoph Müller und Florian Burlefinger vier eigens dafür komponierte Playbacks aus den Bereichen Hip-Hop, Elektro, Punk und Poprock zur Verfügung gestellt. Freilich reichen vier Stunden nicht immer aus, einen ganzen Songtext zu schreiben. Deshalb soll im Nachgang an den vielversprechendsten Abgaben weiter gearbeitet werden, vielleicht dürfen einige Versionen sogar beim nächsten Schulkonzert erklingen.

Auch im Bereich Sport hat der Kulturtag noch ein Nachspiel: Die besten Choreografien aus den Bereichen Ballsport, Bodenturnen, Jonglage, Parcours und Breakdance werden in die nächste Aufführung des Sporttheaters unter der Leitung von Anna Barthelmes eingebaut. Spannend wäre es vermutlich auch gewesen, die zehnte Jahrgangsstufe bei ihrer fotografischen Dokumentation regionaler Kulturdenkmäler und der anschließenden Präsentation zu begleiten. Und wäre Präsenzunterricht möglich gewesen, hätte Organisatorin Ingrid Köhler ein alternatives Konzept vorbereitet gehabt. Überhaupt war dies die größte Herausforderung: Ein Programm zu erstellen, das sowohl im Wechsel- als auch im Distanzunterricht umsetzbar gewesen wäre. Dass dies überhaupt gelingen konnte, lag nicht nur am Engagement aller beteiligten Lehrkräfte, sondern auch an der Begeisterungsfähigkeit der Schüler: "Ich hätte das Buch am liebsten ganz gelesen", sagte ein Fünftklässler zum Thema Leonardo da Vinci. Aber das kann ja zuhause noch nachgeholt werden.

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