Kommentar:Vertrauen muss man sich verdienen

Planer und Politiker müssen erst noch beweisen, dass ihre Versprechungen zur Städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme im Münchner Nordosten ernst zu nehmen sind

Von Thomas Kronewiter

Wie behält man einen Diskussionsabend unter Kontrolle, wenn man weiß, dass mehr als 300 interessierte, darunter wohl auch aufgebrachte Bürger die Chance zum Mitreden nur zu gern nutzen würden? Genau, man lässt sie nicht zu Wort kommen. Insofern hat die Stadtplanung zur Siedlungsentwicklung im Nordosten am Dienstagabend eine Chance verstreichen lassen. Sie hat die verantwortlichen Planer sprechen lassen (und das sehr ausführlich), dazu Politiker und Funktionäre.

Die Chat-Funktion aber, ohnehin das einzige Instrument des Normalbürgers beim digitalen Erörterungstermin, blieb ausgeblendet bis zum Schluss - irgendwann gab es die Information, man könne die eingegangenen 500 Bürgerfragen im Internet nachlesen. Ein Zwiegespräch außerhalb des Diskussionsforums fand nicht statt, allenfalls ein halbes Dutzend Chat-Meldungen von grundsätzlicherer Bedeutung wurden verlesen und beantwortet. Das kann es nicht sein.

Das kann es schon deshalb nicht sein, weil die Akteure den Abend mit einer Fülle von Versprechungen bestritten. Ja, die Botschaft der Lokalpolitiker sei angekommen, hieß es. Ja, man werde mit allen Beteiligten künftig ins Gespräch zu kommen versuchen, möglichst niederschwellig und themenbezogen. Und ja, man wolle konkrete Termine anbieten und reichlich Austausch, bevor dann im Rathaus entschieden wird. Die Termine gab es am Ende aber erst einmal nicht - wie es auf Nachfrage hieß, sind sie in etwa von Ende Juni/Anfang Juli an geplant.

Da muss man jetzt den handelnden Personen schon vertrauen, dass das am Abend erkennbare Bemühen um Interessenausgleich und Einbeziehung aller Betroffenen in den kommenden Monaten in Taten umgesetzt wird. Dass niemand enteignet wird, wie alle als einhelliges Ziel ausgaben. Und dass sich die genannten Planungsziele und Eckdaten angesichts eines Horizonts von fünf Jahrzehnten nicht schleichend ändern. Genau das würde die Cluster-Planung kleinerer Quartiersbausteine, die sukzessive realisiert werden, ja problemlos ermöglichen.

Denn wenn sich die Stadtbaurätin und die Politiker, die jetzt zu Wort kommen durften, einst im Ruhestand am Badesee in den Liegestuhl werfen können, sind längst andere verantwortlich, sind die Nöte der wachsenden Stadt womöglich noch weiter gewachsen. In Freiham, dem anderen Großsiedlungsareal, haben sich im Zuge der Bebauung die Bewohnerzahlen nun wiederholt nach oben geschraubt.

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