Leonhard Birnbaum:Der neue Eon-Chef ist optimistischer als seine Aktionäre

Leonhard Birnbaum: Leonhard, genannt Leo, Birnbaum ist promovierter Ingenieur und arbeitete zunächst als McKinsey-Berater.

Leonhard, genannt Leo, Birnbaum ist promovierter Ingenieur und arbeitete zunächst als McKinsey-Berater.

(Foto: oH)

Mehr Solarzellen, Wärmepumpen und Ladesäulen für Elektroautos: Eon-Vorstandschef Leonhard Birnbaum stellt Jahrzehnte voller Wachstum in Aussicht.

Von Benedikt Müller-Arnold, Düsseldorf

Wenn ein Firmenchef erstmals vor die Aktionäre tritt, dann will er überzeugen und zeigen, dass er der Richtige an der Spitze ist. Dass die Investoren ihr Geld in ein gutes Unternehmen gesteckt haben. Also sprüht Leonhard Birnbaum vor Optimismus. "Wir stehen in unserer Energiewirtschaft vor Dekaden des Wachstums", wirbt der neue Eon-Chef. Der Netzkonzern transportiere mehr und mehr grünen Strom für eine klimafreundlichere Welt. "Sie setzen allerdings auch auf ein Unternehmen, dessen Führung sich nicht zufriedengibt mit dem Erreichten", räumt Birnbaum ein und kommt damit manch Kritikern entgegen.

Seit April leitet der 54-Jährige den an der Börse einst wertvollsten Konzern Deutschlands. Davon ist Eon heute weit entfernt. Leonhard, genannt Leo, Birnbaum ist promovierter Ingenieur, er arbeitete zunächst als McKinsey-Berater. Von 2008 an war er Vorstand von RWE, galt dort schon als potenzieller Chef. Doch daraus wurde nichts, 2013 wechselte Birnbaum als Vorstand zu Eon.

Die Zeiten waren freilich knifflig. Nach der Reaktorkatastrophe im japanischen Fukushima zog Deutschland den Atomausstieg wieder vor, Kraftwerke von Eon verloren an Wert. Zugleich drängt mehr und mehr Ökostrom ins Netz. Eon brachte 2016 die eigenen Kohle- und Gaskraftwerke als Firma Uniper an die Börse. Seither muss Birnbaum kaum noch über qualmende Kraftwerke sprechen. Stattdessen kann er Sätze sagen wie etwa: "Wer nicht nachhaltig arbeitet, arbeitet bald gar nicht mehr."

Doch der Wandel von Eon ging weiter. 2019 gab der Konzern seine Wind- und Solarparks an den Rivalen RWE ab. Im Gegenzug übernahm Eon Netze und Vertrieb der RWE-Tochter Innogy. Birnbaum zeichnete im Vorstand verantwortlich für die Integration, einschließlich des Abbaus von bis zu 5000 Arbeitsplätzen. Spätestens seitdem galt der gebürtige Pfälzer als Favorit auf die Nachfolge des langjährigen Eon-Chefs Johannes Teyssen.

Birnbaum setzt auf mehr Wind und Sonne im Netz

Der Umbau stößt aber auch auf Kritik, das zeigt die Hauptversammlung am Mittwoch. "Aus Sicht des Kapitalmarkts ist Eon der klare Verlierer des Deals mit RWE und Innogy", moniert Thomas Deser von Union Investment: Der Fokus auf Netze zeitige bislang keinen Erfolg. Stattdessen wächst das Geschäft mit Wind- und Solarparks weltweit stark. "Die Konzentration auf Energie-Infrastruktur und Kundenlösungen hat bisher keinen Börsenkursturbo gezündet", kritisiert auch Winfried Mathes von Deka. Stattdessen dümpele der Aktienkurs von Eon vor sich hin.

Birnbaum hält entgegen, dass sein Konzern "stärker und planbarer" geworden sei. Tatsächlich stammen gut 80 Prozent der Betriebsgewinne von Eon aus dem Betrieb regionaler Strom- und Gasnetze. Der Staat schreibt diesen für gewöhnlich über mehrere Jahre aus - achtet aber auch darauf, dass die Betreiber damit keine überbordenden Gewinne erwirtschaften. "Jedes Windrad, jede Solaranlage werden im Stromverteilnetz angeschlossen", wirbt Birnbaum gern.

Im zweiten großen Geschäft, dem Strom- und Gasvertrieb, steht Eon indes in intensivem Wettbewerb mit anderen Versorgern. Auch hier setzt Birnbaum darauf, den Kunden mehr und mehr Solarzellen, Wärmepumpen oder auch Ladesäulen für Elektroautos zu verkaufen. Darüber hinaus sei der Konzern ja noch dabei, die Geschäfte von Innogy zu integrieren. Die versprochenen Synergien stellten sich schrittweise ein, wirbt Birnbaum um Geduld.

Und was kann der neue Chef noch unternehmen, um Eon voranzubringen? Dafür habe man nun einen "Strategieprozess" aufgesetzt, wie es neue Vorstandschefs gern machen. "Die Ergebnisse werden wir im Herbst vorstellen", kündigt Birnbaum an.

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