Klimaschutz:Dicke Luft in der Union

Treibhausgase und CO2: Rauch steigt aus Wohnhäusern auf

Seit Januar fallen Zusatzkosten fürs Heizen an, um den CO₂-Ausstoß einzudämmen.

(Foto: Jan Woitas/DPA)

Die Zusatzkosten fürs Heizen sollen Vermieter und Mieter künftig gleichermaßen tragen, so sieht es das neue Klimaschutzgesetz vor. Teile der Unionsfraktion halten das für Unfug.

Von Michael Bauchmüller und Boris Herrmann, Berlin

Aus den Reihen der Union gibt es scharfe Kritik am überarbeiteten Klimaschutzgesetz. Vor allem die geplante Aufteilung des CO₂-Preises für Heizkosten zwischen Mietern und Vermietern stößt auf Widerstand in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. "Das ist ordnungspolitischer Unfug", sagte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Carsten Linnemann (CDU) der Süddeutschen Zeitung. Die Fraktion sehe das sehr kritisch.

Die Bundesregierung hatte als Maßnahme zum geänderten Klimaschutzgesetz beschlossen, dass Vermieter künftig die Hälfte der Zusatzkosten für den seit 1. Januar geltenden CO₂-Preis auf Heizöl und -gas tragen sollen. Damit kommt die Unions-Spitze Forderungen aus der SPD entgegen, die CO₂-Bepreisung sozialverträglicher zu gestalten. Laut dem ursprünglichen Klimaschutzplan von 2019 hätten die Mieter die anfallenden Zusatzkosten für das Heizen alleine tragen müssen.

Der Grad der Verärgerung in der Union über diese Regeländerung lässt sich auch daran ablesen, dass sich am Dienstag in der Fraktionssitzung von CDU und CSU sowohl Bundeskanzlerin Angela Merkel als auch CDU-Chef Armin Laschet bemüßigt sahen, die sogenannte 50:50-Regel gegen interne Kritik zu verteidigen. Sie wisse, dass es hier Differenzen gebe, sagte Merkel nach Informationen aus Teilnehmerkreisen. Es sei aber problematisch, wenn die Zusatzkosten nur einseitig dem Mieter angelastet würden. Dazu werde man noch weiter reden, kündigte Merkel an und signalisierte damit zumindest Verhandlungsbereitschaft.

Kanzlerkandidat Armin Laschet, der in der Sitzung von außen zugeschaltet war, sagte laut Teilnehmern, die 50:50-Regelung bei Vermietungen sei ein Systemwechsel. Man müsse aber einen Anreiz setzen, dass da Klimaschutz stattfindet.

Ziehen Vermieter künftig Singles einer Familie vor?

Nicht zuletzt im Wirtschaftsflügel der CDU wird jedoch bezweifelt, ob dieser Anreiz der richtige ist. Linnemann, der auch Vorsitzender der Mittelstands- und Wirtschaftsunion ist, sagte der SZ, die neue Regel steigere weder die Sanierungsquote, noch bringe sie den Mietern wirkliche Vorteile: "Denn der Vermieter wird natürlich nach Ausweichmöglichkeiten suchen, indem er beispielsweise die Kaltmiete erhöht." Außerdem sei zu erwarten, dass Vermieter künftig bei der Mieterwahl vorsichtiger seien, indem sie etwa einen Single, der weniger verbrauche, einer Familie vorzögen, so Linnemann.

Schon als sich die Koalition 2019 auf ihr Klimapaket einigte, war die Rede davon, Änderungen im Mietrecht für eine "begrenzte Umlagefähigkeit" der CO₂-Bepreisung zu "prüfen". Im Herbst 2020 legten die SPD-geführten Ministerien für Umwelt, Finanzen und Justiz dann ein Eckpunktepapier vor, wonach Vermieter den CO₂-Preis nur noch zur Hälfte an ihre Mieter weiterreichen dürften. Bundesinnen- und Bauminister Horst Seehofer (CSU) sowie Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) waren damals noch dagegen. Im Zuge der allgemeinen Ergrünung der politischen Stimmung haben sie dann offenbar ihren Positionen geändert - sehr zum Leidwesen eines gewichtigen Teils der Unionsfraktion.

Im Fall des Meinungsumschwungs Seehofers spielt womöglich auch eine Petition der Umwelthilfe vom April dieses Jahres eine Rolle, in der ihm "Tatenlosigkeit" beim Klimaschutz angelastet wurde. Daraufhin verbreitete sein Ministerium eine "klarstellende und ergänzende" Information mit einem Zitat Seehofers: "Ich unterstütze ausdrücklich den Vorschlag von Bundesumweltministerin Schulze, die Kosten zwischen Mietern und Vermietern aufzuteilen."

Zur SZ-Startseite
FOTOMONTAGE, Flugzeuge mit Kondensstreifen am Himmel

SZ PlusKlimastreit ums Fliegen
:Wie lange noch kurz und billig?

Die Grünen wollen Kurzstreckenflüge abschaffen, die SPD Billigangebote stoppen. Länder wie Frankreich zeigen, was praktikabel ist.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: