Untermenzing/Obermenzing:Die Erdbeerwiese - ein gordischer Knoten

Während der eine Bezirksausschuss über einen Zwischenerfolg im Ringen um die Freifläche erfreut ist, schreit das Nachbar-Gremium auf über die Vorschläge der Stadt - vor allem über den Verlust des Gymnasiums

Von Anita Naujokat und Sonja Niesmann, Untermenzing/Obermenzing

Blankes Entsetzen hat der neue Vorschlag zur "Schulentwicklungsplanung im Münchner Westen" im Bezirksausschuss Allach-Untermenzing (BA 23) ausgelöst. Demnach soll das Louise-Schroeder-Gymnasium vom Schulcampus an der Pfarrer-Grimm-Straße in ein neues Gymnasium am Dreilingsweg nach Obermenzing ausgelagert werden, um Platz für eine Erweiterung der beiden anderen Schulen am Campus und ein neues Gymnasium zu gewinnen. Die Stadtbibliothek würde weichen müssen. Die Feuerwache würde auf einen Teil des Sportgeländes des SV Untermenzing an die Von-Kahr-Straße kommen, der im Gegenzug ein Rasenspielfeld auf der "Erdbeerwiese", also der Freifläche zwischen Weinschenkstraße, Bauseweinallee und der Straße "Im Wismat", erhielte, die ansonsten unbebaut bleiben solle.

Noch handelt es sich nur um einen Vorschlag, für den es noch eine Öffentlichkeitsbeteiligung geben soll. Die Entscheidung fällt letztlich im Stadtrat. Der Bezirksausschuss 23 reagierte in der Sitzung am Dienstagabend aber sofort mit einem Gegenantrag, bei einer Gegenstimme von der ÖDP. Dieser sieht vor, eine neue Realschule, Kita, Mensa und Sporthalle auf dem SV-Gelände zu errichten und den Sportverein komplett auf die Erdbeerwiese zu verlagern. Die Feuerwache solle auf ein städtisches Grundstück an der Mühlangerstraße/Höhe Pasinger Heuweg. Das jedoch gilt als Vorbehaltsfläche der Städtischen Friedhöfe München für die wachsende Bevölkerung in Freiham, das über keinen eigenen Friedhof verfüge.

Erdbeerenwiese an der Grenze zwischen Obermenzing und Allach/Untermenzing

Vertrackte Gemengelage: die sogenannte Erdbeerwiese an der Grenze von Unter- und Obermenzing.

(Foto: Florian Peljak)

Sie sei überrascht und persönlich entsetzt über diese Wendung, kommentierte Stefanie Martin (CSU), Vorsitzende des Unterausschusses Planung und Bau im BA 23, das neue Konzept. "Wir können es uns nicht leisten, über viele Jahre kein Gymnasium im Stadtbezirk zu haben." Ausgetragen werde dies auf dem Rücken der Schüler, für die Gymnasiasten mit einem viel längeren Schulweg und für die verbleibenden Real- und Grundschüler mit jahrelangem Unterricht auf einer Baustelle, sagte sie. "Unsere Schüler sind keine Planspielfiguren." Außerdem bedeuteten die neuen Pläne überhaupt keine langfristige Sicherung der Erdbeerwiese, von der in der Verwaltung weiterhin als "Potenzialfläche" gesprochen werde. "Wir hätten ein paar Jahre Romantik gewonnen, aber nicht dauerhaft", zeigte sie sich überzeugt. Auch könne es nicht sein, "dass alle Freihamer bei uns beerdigt werden müssen und wir deswegen keinen guten Standort für die Feuerwache bekommen".

Ingrid Haussmann (parteifrei) brachte es so auf den Punkt: "Wir wollten einen Standort für die Realschule und kriegen einen Vorschlag, der uns das Gymnasium wegnimmt." Als "völlig daneben, konfus und wenig durchdacht" bezeichnete Falk Lamkewitz (Grüne) im BA 23 die Planung. An ihr sei zu merken, dass die Verantwortlichen nicht mit der Situation vertraut seien und keine Vorstellung von den Konsequenzen hätten. Hinzu komme der ungewisse Ausgang, ob auf den Campus tatsächlich wieder ein Gymnasium hinkomme. Daran hegt auch Lea Paetzold (SPD), Leiterin des dortigen Unterausschusses Familie, Bildung, Soziales und Sport, Zweifel. Selbst wenn man in die Höhe baue, sei dies neben der Real- und Grundschule nicht machbar. "Das Gelände ist zu eng und wird ja nicht größer." Für SPD-Sprecher Friedrich Schneller ist es "überhaupt nicht nachvollziehbar", dass in Allach-Untermenzing eine Friedhofsfläche für Freiham freigehalten werden soll. Diese müsse man eben in Freiham mitplanen. Und: "Wir waren einer der letzten Stadtbezirke überhaupt, die eine Stadtbibliothek bekommen haben. Diese abreißen zu wollen, ist doch irrsinnig."

Im Bezirksausschuss Pasing-Obermenzing war die Tonlage zum selben Thema eine ganz andere - allerdings in Unkenntnis dessen, was die Nachbarn am selben Abend vorschlugen, und was das bisherige An-einem-Strang-Ziehen beenden dürfte. CSU-Fraktionssprecher Sven Wackermann zeigte sich zufrieden, dass "unsere Strategie" insoweit aufgegangen sei, dass das Erdbeerfeld von (Schul-)Bebauung freibleiben soll. Jedoch: An der Von-Kahr-Straße "wollen wir die Feuerwache nicht haben". Der Bezirksausschuss beantragt deshalb, den alternativen Standort am Pasinger Heuweg noch einmal "bis ins Letzte seriös zu prüfen" (Maria Osterhuber-Völkl, CSU). Denn für den Bau der Feuerwache an der Von-Kahr-Straße müsste der SV Untermenzing mit einem Rasenspielfeld auf der Erdbeerwiese entschädigt werden - dort aber wollen diverse Grün-Initiativen in Obermenzing einen durchgehenden "Würmpark" angelegt haben. Constanze Söllner-Schaar (SPD) warf allerdings ein, die neue Feuerwache müsse auf jeden Fall dort situiert werden, wo im Brandfall die beste Versorgung für Pasinger, Allach-Untermenzinger und Aubinger gewährleistet sei. Sollte das die Von-Kahr-Straße sein, "dann müssen wir die Kröte halt schlucken".

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