Kulturprogramm:Was Serge Dorny an der Bayerischen Staatsoper plant

Kulturprogramm: Der neue Intendant der Bayerischen Staatsoper Serge Dorny (links) und Generalmusikdirektor Vladimir Jurowski (rechts).

Der neue Intendant der Bayerischen Staatsoper Serge Dorny (links) und Generalmusikdirektor Vladimir Jurowski (rechts).

(Foto: Robert Haas)

Der neue Intendant macht sich nicht viel aus Glamour und Star-Qualitäten. Vielmehr geht es ihm darum, den Menschen "nackt" in all seinen Unterschieden zu zeigen. Sein Programm beginnt am 24. Oktober.

Von Rita Argauer

Von Herbst an wird an der Bayerischen Staatsoper das ganze ästhetische System ein wenig durchgeschüttelt und vor allem erweitert werden. Staatsminister Bernd Sibler freut sich in seinem Grußwort vor der Saisonpressekonferenz der Oper über seinen Coup, echte "internationale Stars und Highlights" mit dem neuen Intendanten Serge Dorny und Vladimir Jurowski als Generalmusikdirektor nach Bayern geholt zu haben. Doch wie die anschließende Programmvorstellung der beiden zeigt, setzen die beiden viel weniger auf Glamour und Star-Qualitäten. Sie kehren vielmehr einen grundlegenden, mutigen und erdenden Humanismus heraus.

Dem Publikum mehr abverlangen

Jeder Mensch ist ein König heißt dementsprechend das antiroyalistische Motto ihrer ersten Spielzeit. "Es geht um die Würde jedes Einzelnen", erklärt Dorny. Man wolle den Menschen in seinem Suchen und in seinen Unterschieden zeigen: als nackten Menschen. Und die Neuproduktionen der Saison greifen dieses Thema auf. So muss man bei den Premieren völlig auf beliebte Komponisten wie Verdioder Stars wie Jonas Kaufmann verzichten. Stattdessen geht es um gesellschaftliche und politische Fragen, hauptsächlich in der Musik des 20. Jahrhunderts. Dementsprechend spricht Dorny, der immer wieder betont, wie sehr er sich auch neuen Theater- und Musiksprachen verpflichtet fühle, auch von einer "Feier des 20. Jahrhunderts".

Die beginnt am 24. Oktober als erste Premiere mit einem doch eher unbekannten Jugendwerk Dmitri Schostakowitschs: Seiner Gogol-Vertonung "Die Nase" von 1927/28. Dirigieren wird das Vladimir Jurowski, Regie führt Kirill Serebrennikov. Die zweite wichtige Premiere der Saison, die Eröffnung der Opernfestspiele, ist sogar noch jünger: Krzysztof Pendereckis "Die Teufel von Loudun", uraufgeführt 1969, nun inszeniert von Simon Stone. "Man kann dem Publikum noch mehr abverlangen, es herausfordern", sagt Jurowski. Er sehe Pendereckis Werk als ein osteuropäisches Pendant zu Zimmermanns "Die Soldaten". Die beiden Premieren sind für ihn "Zeichen für politisches Musiktheater", dabei gehe es auch um die "Suche nach Identität in Mitten der Unfreiheit". Sie spielen beide Werke in der je schrofferen Urfassung, "der frühe Stil ist dem Heute näher", sagt Jurowski.

Platz für eine Operette

Auch die übrigen Premieren bedienen das allseits Bekannte eher nicht: "Guiditta", die letzte Operette von Franz Lehár, trifft auf Benjamin Brittens "Peter Grimes" und Berlioz' "Les Troyens". Einzig Janáčeks "Schlaues Füchslein" und Richard Strauss' "Capriccio" greifen die traditionellen Linien des Hauses ein wenig auf. Mit den fordernden Werken, mit denen Dorny und Jurowski das Repertoire des Hauses erweitern wollen, geht der Gedanke einher, das Haus mehr in die Stadt hinein zu öffnen.

Zu den herkömmlichen Festspielen am Ende der Spielzeit kommen zwei neue Formate. Im September, wo man mit Open-Air-Konzerten, etwa in Ansbach mit Jonas Kaufmann, auch nach Bayern strahlen möchte. Andererseits mit kurzen Formaten im National- und Cuvilliéstheater, in denen zu Niedrigpreisen ein Einstieg in Oper, Konzert und Ballett auch für Nicht-Fans des Hauses gelingen soll. Das zweite neue Format, ein Mai-Festival, folgt der neuen Linie des Hauses: Ganz der Gegenwart verpflichtet, soll sich da je ein zeitgenössischer Komponist vorstellen. 2022 wird das Georg Friedrich Haas sein mit seiner Trilogie "Bluthaus", "Koma" und "Thomas".

Mehr Austausch mit dem Ballett

Zudem soll die Zusammenarbeit mit dem Bayerischen Staatsballett gestärkt werden. Und zwar mit gegenseitigem Respekt. Der tritt stärker als je zum Vorschein als sich Jurowsky während der Pressekonferenz als Ballett-Fan outet: Er habe seine Karriere als Ballettdirigent begonnen, erklärt er, und freue sich darauf, eine neue Produktion des Staatsballetts in den folgenden Spielzeiten zu dirigieren. In der kommenden Saison ist das noch nicht geplant, dafür gibt es zwei zeitgenössische Premieren: Einmal die eher unterhaltsame "Cinderella" von Christopher Wheeldon als Weihnachtsstück und zur Eröffnung der Ballettfestwoche im April einen modernen Dreiteiler mit Werken von Alexei Ratmansky und David Dawson, sowie einer Neukreation von Marco Goecke.

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