Baustelle:Bedeutsame Weichenstellungen am Hauptbahnhof

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Wenn 2030 der Umbau des Hauptbahnhofs abgeschlossen ist, werden keine privaten Autos mehr über den Vorplatz fahren. Radfahrer und Fußgänger erhalten dann mehr Platz.

Von Andreas Schubert

Ein Tor zur Stadt soll das neue Empfangsgebäude des Münchner Hauptbahnhofs werden. Und von Anfang an zeigten die Simulationen des Architekturbüros Auer Weber einen Bahnhofplatz ohne Autos, dafür mit vielen Menschen und Trambahnen. Am Mittwoch werden der Mobilitäts- und der Planungsausschuss des Stadtrats die Weichen für die künftige Gestaltung des Platzes stellen. Wenn die Baustelle etwa 2030 abgeschlossen ist, ist kein privater Autoverkehr mehr auf dem Platz vorgesehen.

Die Verwaltung sieht durch den Neubau des Hauptbahnhofes eine "historische Möglichkeit", den Bahnhof stärker mit der Innenstadt zu verbinden. Denn noch - wenn nicht gerade Bauarbeiten den Verkehr ausbremsen - queren bis zu 17 000 Fahrzeuge den Platz. Hier sollen sich Reisende aber bei ihrer Ankunft künftig besser orientieren und sicherer in den öffentlichen Nahverkehr einsteigen können. Für die genaue Neugestaltung des Bahnhofplatzes soll ein Planungsbüro beauftragt werden. Dass der motorisierte Individualverkehr weichen muss, darauf hat sich ein Arbeitskreis aus Stadtverwaltung, der städtischen Park-and-Ride GmbH, der Münchner Verkehrsgesellschaft und der Deutschen Bahn verständigt.

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Auf die Planer kommen einige Herausforderungen zu. Denn einerseits soll der Hauptbahnhof nach wie vor für Taxis erreichbar sein, auch für den öffentlichen Nahverkehr sollen Lösungen erarbeitet werden, um dessen Leistungsfähigkeit zu erhalten und sogar zu verbessern. Dann gibt es unter anderem auch noch die Busse für Stadtrundfahrten, für die ebenfalls Platz im Bahnhofsumfeld erhalten bleiben soll. Hinzu kommt, dass künftige Planungen auch die Ziele des Radentscheids berücksichtigen müssen, die Radwege mit einer Mindestbreite von 2,30 Metern vorsehen.

Bei einem autofreien Bahnhofplatz wird der Hauptbahnhof über die Arnulfstraße im Norden und die Bayerstraße im Süden erschlossen. Durch den Entfall des Durchgangsverkehrs würden diese Straßen entlastet. In der Bayerstraße sind es laut Verkehrsuntersuchung bis zu 10 000 Autos am Tag weniger, in der Arnulfstraße bis zu 3500. Auch in der Luisenstraße fielen bis zu 6000 Autos weg, in der Goethestraße bis zu 6500. Der Autoverkehr würde sich dann aber auf die parallel zum Bahnhofsplatz verlaufenden Nord-Süd-Verbindungen verlagern, insbesondere auf die Route Seidlstraße - Paul-Heyse-Unterführung - Paul-Heyse-Straße (plus 4500 Autos täglich), die Route Hackerbrücke - Martin-Greif-Straße - Bavaria-Ring (1500 Autos) und auf die Route Elisenstraße - Altstadtring (6500 Autos). Würde die Durchfahrt der Arnulfstraße zum Bahnhofplatz gesperrt, wie es eine Variante vorsieht, nähme der Autoverkehr dort noch weiter ab. Laut Gutachten würden dagegen auf der Seidlstraße, Marsstraße und Sonnenstraße "geringfügige Mehrbelastungen" entstehen.

Trambahnen werden auch in Zukunft über den Bahnhofsvorplatz fahren dürfen. (Foto: Robert Haas)

Gänzlich unerreichbar für Autos wird der Hauptbahnhof aber auch in Zukunft nicht sein. Für Taxis soll es nördlich und südlich ausreichend Stellplätze geben, in sogenannten "Kiss+Ride-Zonen" können Autofahrer kurz halten, um jemanden zum Bahnhof zu bringen oder von dort abzuholen. Auch Lieferverkehr soll weiterhin möglich sein. In den Seitenräumen der Arnulf- und Bayerstraße sollen Flächen für Lieferzonen berücksichtigt werden. Über die Luitpold- und Schützenstraße bleiben die dort ansässigen Geschäfte, Gewerbetreibenden und Hotels erreichbar. Für Radler stellt die über den Bahnhofplatz verlaufende Route eine bedeutende Nord-Süd-Verbindung dar. An der Ostseite des Platzes entstünde bei einer Verschiebung der Tramgleise nach Westen ausreichend Platz für einen dem Radentscheid konformen Radweg. Mehr Platz gäbe es auch für neue Radabstellanlagen.

Und natürlich auch für Fußgänger soll sich die Situation deutlich verbessern. An allen Seiten des Hauptbahnhofs und vor allem an den Ein- und Ausgängen werde der Flächenbedarf und Bewegungsraum für Fußgänger an der Oberfläche stark durch derzeitige anderen Nutzungen eingeschränkt, heißt es in der Vorlage. Gäbe es am Bahnhofplatz keinen Autoverkehr mehr, hätten die Passanten nicht nur mehr Platz, sie würden auch zur Tram kommen - ohne eine viel befahrene Verkehrsachse als Hürde.

© SZ vom 15.06.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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