Bildung in Bogenhausen:Kettenreaktion

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Die neue Schule im Prinz-Eugen-Park ist auf drei Parallelklassen ausgelegt. Im September werden es aber vier. Also müssen Kinder an die Knappertsbuschstraße umziehen. Dort könnte die Mittagsbetreuung ihre Räume verlieren

Von Nicole Graner, Bogenhausen

Ferien waren das für Nicole Zettler eigentlich nicht mehr. Denn immer wieder, so erzählt sie, schweiften ihre Gedanken zu dem Projekt, das ihr so sehr am Herzen liegt: die Mittagsbetreuung im Pavillon der Grundschule an der Knappertsbuschstraße. Vor 25 Jahren hat sie mit ein paar anderen Eltern diese Einrichtung gegründet, weil es im Viertel kaum Möglichkeiten gab, Kinder nach der Schule zu betreuen. Und dann der Anruf der Schulleitung, kurz vor den Osterferien: Weil die dreizügig gebaute Ruth-Drexel-Schule im neuen Quartier Prinz-Eugen-Park für das nächstes Schuljahr viel mehr Schüler - nämlich eine zusätzliche Klasse - bekommen wird, müsse man Schüler in der Knappertsbuschschule unterbringen. Und dazu brauche man die zwei Räume der Mittagsbetreuung, die dann nach dem Willen der Stadt in zwei Klassenzimmer umgewandelt werden müssten.

"Man will uns raushauen", sagt Zettler traurig, "und das für eine zu kurz gedachte Lösung." Was Zettler meint: Es gibt auf Dauer viel zu wenig Platz für die vielen Schüler. Schüler, deren Zahl immer weiter steigt. Demnächst werden wieder 140 Wohnungen im Prinz-Eugen-Park bezugsfertig. Eltern werden weitere Kinder an der Ruth-Drexel-Schule einschreiben wollen, die eine Außenstelle der Knappertsbuschschule ist. "Ich bin traurig", sagt Zettler und zeigt auf das blaue Gebäude mit den roten Fenstern, in dem die Kinder spielen - von vier Betreuern versorgt. "Das alles ist ganz bitter", sagt die Mutter von zwei Kindern an der Knappertsbuschschule. Man sei im Viertel bekannt für eine inklusive, integrative und individuelle Betreuung. Täglich koche man in der von Eltern selbst aufgestellten blauen Küche frisch das Mittagessen. Wenn Klassenzimmer kämen, wohin mit der Küche, den Spielgeräten? Und vor allem: Wo soll die Mittagsbetreuung untergebracht werden? "In einem Klassenzimmer?", fragt Zettler entsetzt.

Hausaufgaben machen, kickern, spielen: Im Pavillon werden 25 Erstklässler und nachmittags zusätzlich 20 Zweitklässer liebevoll betreut. (Foto: Florian Peljak)

Die Fakten, Stand Juni: Acht von insgesamt 22 Klassen, vier mehr als im Vorjahr, müssten an der Knappertsbuschstraße untergebracht werden. 14 Klassen bleiben in der Ruth-Drexel-Schule. Das würde, wie die Elternbeiratsvorsitzende Natalie Bilik für die beiden zusammengehörenden Schulen erklärt, "gerade noch gehen". Die Knappertsbuschschule hat acht Klassenräume. Funktionieren würde es, wenn der Computerraum in der Ruth-Drexel-Schule auch zum Klassenzimmer umfunktioniert würde - und wenn zu Beginn des neuen Schuljahres nicht noch eine Klasse geteilt werden müsste. Bei einem Migrationsanteil von mehr als 50 Prozent wird ab dem 26. Kind geteilt, bei einem Anteil unter 50 Prozent ab dem 29. Kind. Wenn keine Kinder hinzukommen, könnte die Mittagsbetreuung noch ein Jahr bleiben, sagt Bilik. Auch wenn die Elektriker ja schon mal den Pavillon ausgemessen hätten, sagt Zettler. Schulen, Elternbeirat, die Mittagsbetreuung und die kooperative Ganztagesbildung der Caritas, die als Modellprojekt ebenfalls an der Ruth-Drexel-Schule Räume braucht, plädieren nun massiv dafür, Container auf dem Gelände der Ruth-Drexel-Schule aufzustellen. Damit der Schulbetrieb aufrecht erhalten werden könne. Nicht nur für ein Schuljahr. Dieses Anliegen haben sie auch an den Bezirksausschuss (BA) Bogenhausen herangetragen. Alles sei eine "Fehlplanung der Stadt", sagte Zettler in der Sitzung am Dienstag.

Das Referat für Bildung und Sport (RBS) erklärt, dass sich die Zahl der geplanten Wohneinheiten durch "Veränderungen in der Bautätigkeit" erhöht hätte und dies eine "höhere Zahl von Kindern" zufolge gehabt habe als ursprünglich angenommen. Man sei für die Jahre 2022 bis 2024 von 22 Klassen ausgegangen.

Der BA versprach, sich mit Nachdruck für das Anliegen einzusetzen. Gefordert wird mit einem Antrag der Grünen, die "notwendigen Raumkapazitäten für sieben Eingangsschulklassen bereitzustellen" - auch durch Container. Container, die, wie aus dem Antrag hervorgeht, die Ruth-Drexel-Schule schon im Herbst 2020 vom RBS gefordert hatte, die aber im Mai 2021 abgelehnt wurden. Ein zweiter Grünen-Antrag fordert die Stadt auf, in Bogenhausen "eine weitere Grundschule mit kooperativem Ganztag zu planen und diese schnellstmöglich zu errichten". Die Kapazitäten an den Grundschulen im Stadtbezirk seien "an die Grenzen" gelangt.

Damit die Mittagsbetreuung bleiben kann, hoffen Nicole Zettler (links) und Natalie Bilik auf Container auf dem Gelände der Ruth-Drexel-Schule. (Foto: Florian Peljak)

Das Schulreferat verspricht auf SZ-Anfrage, dass die Mittagsbetreuung weiterhin "als wichtige Säule der Nachmittagsbetreuung" erhalten bleibe und "gesichert" sei. Der Pavillon werde "weiterhin nutzbar" sein. Gegebenenfalls werde eine "Doppelnutzung von einem Raum mit der Schule notwendig". Das zweite Zimmer bleibe exklusiv für die Mittagsbetreuung bestehen. Container wird es laut RBS im neuen Schuljahr nicht geben. Es würden ja alle Klassen untergebracht.

© SZ vom 17.06.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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