Unwetter im Fünfseenland:42-Jähriger schwer verletzt

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Der Arbeiter wird von einer Betonmauer begraben. Die Feuerwehren rücken zu mehr als 60 Einsätzen aus, nachdem gleich drei Wolken-Walzen golfballgroßen Hagel vor allem auf Tutzing und Höhenrain feuern.

Von Sabine Bader, Starnberg

Rasend schnell ziehen die Wolkenwände aus Südwesten am Montagabend und am Dienstagnachmittag heran. Sie sind oben schwarz und unten milchig weiß. Der Katastrophen- und Unwetterdienst "Katwarn" meldet an beiden Tagen höchste Alarmstufe und warnt die Bevölkerung vor bis zu fünf Zentimeter großen Hagelkörnern, Orkanböen mit bis zu 120 Stundenkilometern und 40 Liter Regen pro Quadratmeter. Moderator Jörg Kachelmann fragt montags um 21 Uhr besorgt auf Twitter: "Alle runter vom Starnberger See?"

Es sind besonders heftige Gewitter, die am Montag gegen 21 und 23 Uhr über das Fünfseenland hinwegfegen. Am Dienstag kommt das Unwetter bereits gegen 15 Uhr, es hat wieder Hagel im Gepäck und erwischt erneut die südöstlichen Kommunen Tutzing, Feldafing, Pöcking und Starnberg, Berg und Münsing mit voller Wucht. In Höhenrain und Ammerland sind die Hagelkörner montags tatsächlich hühnereigroß. Photovoltaikanlagen gehen zu Bruch, Dachfenster und Autoscheiben splittern. Viele Fahrzeuge sind übersät mit Dellen, Bäume versperren die Straßen.

Doch auch allein Starkregen und heftige Windböen im Norden und Westen des Landkreises erweisen sich als gefährlich: Auf einer Baustelle in Herrsching begräbt am Dienstag eine vom Regen aufgeweichte Betonmauer einen 42-jährigen Arbeiter, er muss mit einem Bagger befreit werden. Der Mainburger wurde laut Polizei schwer verletzt in eine Unfallklinik geflogen.

Unwetter und Hagel in Oberbayern
:Auto versinkt im Hochwasser

Ein 83-Jähriger fährt in die überflutete Unterführung am Starnberger See und hat riesiges Glück. Die Feuerwehren müssen auch nach dem Hagel immer wieder ausrücken - jetzt wegen Regens.

In Höhenrain erwischt es drei Kirchenfenster der Herz-Jesu-Kirche. "So etwas hab' ich noch nie erlebt", sagt Kirchenpfleger Nikolaus Much, als er die Scherben zusammenkehrt. Auch bei Bergs Altbürgermeister Rupert Monn und seiner Familie ist einiges zu Bruch gegangen. Bei Monns Schwester Therese durchlägt der Hagel ein Dachfenster, bei seinem Sohn Martin sind zwei Solarmodule zerstört und das Auto seiner Tochter Andrea weist jetzt Dellen auf. "Es war schon sehr unheimlich", sagte Monn zur SZ. Die Gewitter, die ihm erst gar nicht so mächtig erschienen waren, haben sich schnell bedrohlich "aufgeschaukelt".

Nach seiner Erfahrung "hält der See normalerweise schwere Unwetter vom Ostufer fern, aber wehe, sie kommen einmal über den See..." Monns traurige Bilanz beim Blick in den Garten: "Die Apfelbäume sind entlaubt und die Blumen kaputt." Die Gewitter überschatten auch die ersten Urlaubstage eines Gastes aus Weiden, der in Ammerland am Montag ein Zimmer bezogen hatte. Wenige Stunden danach zerstören golfballgroße Hagelkörner die Windschutzscheibe seines Wagens.

Die Garmischer Autobahn A95 wird überflutet

22 Einsätze vermeldet Kreisbrandinspektor Anton Graf für die Feuerwehren am Montag, sogar mehr als 40 sind es am Dienstag - davon viele in Tutzing und Feldafing. In Keller dringt Wasser, Straßen sind überflutetet, Unterführungen unpassierbar. In Senken liegen die Hagelkörner bis zu 20 Zentimeter hoch. Feldafinger legen selbst Hand an und räumen mit Feuerwehrkommandant Dirk Schiecke in der überschwemmten Weylerstraße in Garatshausen Gullydeckel frei, damit das Wasser ablaufen kann.

Von Hagelkörnern und Zweigen übersät sind Wege und Wiesen. Umgestürzte Bäume und herabgefallene Äste blockieren die Straßen - so am Dienstag die Staatsstraße zwischen Feldafing und Garatshausen. In der Königswieser Straße in Gauting ist ein Baum in eine Stromleitung gekracht. Und auch auf der Autobahn ist Vorsicht geboten: Bei Walchstadt ist die A 95 überflutet.

© SZ vom 23.06.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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