Deutsche Bahn:Lokführer kündigen Streiks an

Streik der Lokführer

"Es geht nicht nur um Nadelstiche" - im Bahnverkehr droht Stillstand, weil die Bahn und die GDL sich nicht einigen können.

(Foto: Wolfram Kastl/picture alliance/dpa)

Von kommender Woche an sind Zugausfälle möglich - mit Folgen für Millionen Pendler und Reisende.

Von Markus Balser, Berlin

Ausgerechnet zum Start in die Ferien- und Reisesaison drohen Reisenden in den kommenden Wochen massive Probleme im deutschen Schienenverkehr. Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) kündigte am Mittwoch "Arbeitskampfmaßnahmen" an. Diese hätten die Gremien der Gewerkschaft beschlossen, teilte die GDL mit. Zu dem genauen Umfang und den geplanten Maßnahmen will sich Gewerkschaftschef Claus Weselsky am Donnertag äußern. Als wahrscheinlich gilt, dass es in dieser Woche keine Streiks mehr gibt. Von der kommenden Woche an aber wären Arbeitsniederlegungen und damit auch Zugausfälle möglich.

Streiks der Gewerkschaften bei der Bahn, selbst Warnstreiks, haben in der Regel große Auswirkungen auf den Verkehr. Sie trafen in den vergangenen Jahren immer wieder Millionen Reisende und Pendler. So musste die Bahn beispielsweise im Dezember 2018 wegen Warnstreiks der Gewerkschaft EVG den Fernverkehr bundesweit für Stunden komplett einstellen. Dies hatte weitreichende Folgen mit anhaltenden Verspätungen und Zugausfällen.

Die Tarifverhandlungen mit der Bahn waren bereits vor zwei Wochen gescheitert. Statt eines verbesserten Angebots habe der Konzern "unannehmbare Vorbedingungen und Gegenforderungen" gestellt, kritisierte die GDL nun. Beide Seiten hatten sich vor dem Scheitern der Verhandlungen eigentlich etwas aufeinander zubewegt. Angelehnt an den Tarifabschluss des öffentlichen Dienstes fordert die GDL eine Einkommenserhöhung von 1,4 Prozent plus eine Corona-Prämie in diesem Jahr sowie weitere 1,8 Prozent im kommenden Jahr. Zum Start in die Tarifverhandlungen hatte sie 4,8 Prozent mehr Lohn und Zugeständnisse bei den Arbeitsbedingungen gefordert. Die Beschäftigten hätten mehr verdient als einen Ausgleich der Preissteigerung, argumentiert Weselsky.

Die Streiks sind eine wirtschaftliche Gefahr für die Bahn

Die Bahn hatte nach eigenen Angaben Einkommenssteigerungen wie im öffentlichen Dienst vorgeschlagen, allerdings bezogen auf den Bereich Flughäfen. Dort war wegen der massiven Probleme im Luftverkehr ein "Notlagentarifvertrag" geschlossen worden. Die beschlossene Einkommenserhöhung von 1,4 Prozent wird dort erst im Herbst 2022 wirksam, die weiteren 1,8 Prozent bekommen die Angestellten erst im April 2023. Die Arbeitgeber erhalten außerdem die Möglichkeit, die Arbeitszeit 2022 um sechs Prozent zu kürzen. Im Oktober 2023 soll das Niveau des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst erreicht werden.

Die Bahn hatte nach dem Platzen der Gespräche mit der GDL Mitte Juni harte Kritik an der Gewerkschaft geäußert: "Gerade jetzt den Bahnverkehr bestreiken zu wollen, ist daneben und völlig unnötig", sagte eine Sprecherin. Die Gewerkschaft suche eine "Konfrontation um jeden Preis", warnte auch Personalvorstand Martin Seiler. Ihre Führung habe sich strikt geweigert, über vorhandene Spielräume und Lösungen zu sprechen.

Neben der Reiselust der Deutschen droht ein Streik auch die wirtschaftliche Erholung der Bahn auszubremsen. Sie hatte im vergangenen Jahr wegen Einbrüchen bei den Passagierzahlen einen Rekordverlust von fast sechs Milliarden Euro ausgewiesen, die Schulden sind auf mehr als 30 Milliarden Euro gestiegen. Der Konzern hofft nun eigentlich auf die Rückkehr der Fahrgäste in den Sommermonaten, um so langsam wieder aus den roten Zahlen zu kommen.

Doch eine schnelle Lösung im hart geführten Tarifstreit ist nicht in Sicht. Die Stimmung bei der Bahn ist aufgeheizt. Es geht neben Bezahlung und den Arbeitsbedingungen auch um machtpolitische Fragen. Und letztlich auch um die Zukunft der GDL. Die größere EVG und die kleinere GDL erheben beide den Anspruch, für fast alle 185 000 Beschäftigten in Deutschland beim Schienenpersonal zu verhandeln. Die Bahn wendet jedoch das Tarifeinheitsgesetz an. Danach gilt ein Tarifvertrag nur dort, wo die jeweilige Gewerkschaft die Mehrheit hat. Laut Bahn trifft dies für die GDL nur bei einem kleinen Teil der Konzernbetriebe zu. Die GDL geht juristisch dagegen vor.

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