Corona-Politik:Überzogene Kritik

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Ein Kolumnist geht mit den Corona-Maßnahmen und den handelnden Politikern und Virologen hart ins Gericht. Manche Leser finden das übertrieben derb und einseitig, einige wenige finden gerade an der Sprachwahl Gefallen.

Zu "Failed State" vom 5./6. Juni:

Maxim Biller verweist eingangs seines Textes nicht zu Unrecht darauf, dass es gefährlich/problematisch ist, "Geschichten und Romane über Dinge zu schreiben, die man gerade erlebt, die gerade passieren, die einem nicht mit dem Abstand vieler Jahre gleichgültig geworden sind". Das hindert ihn aber leider nicht daran, im Folgenden zu einem verbalen Rundumschlag auszuholen gegen all jene, die - sicherlich fehlerbehaftet, aber meist um Lösung bemüht - versuchen, der Pandemie Herr zu werden.

Biller fährt einen Generalangriff darauf, wissenschaftliche Erkenntnisse zu einer, sicher nicht der alleinigen Richtschnur politischen Handelns zu machen. Stattdessen favorisiert Herr Biller offensichtlich den "Old-School-Pragmatismus" eigener riskanter Urteile zum Beispiel des ehemaligen Bundeskanzlers Helmut Schmidt. Scheinbar wähnt sich der Autor zum Thema Corona und des sich daraus ergebenden politischen Handelns bereits auf so sicherem Boden, dass er Politikern vorhalten kann, sie machten sich lächerlich "mit ihren ahnungslosen, papageienhaften Wissenschaftsverweisen" und sie stürzten sich immer wieder in einen "lächerlichen Rausch der Verordnungen (...), "der ihre kleinkrämerischen, geizgetriebenen Impfschlampereien und Test-Schikanen verdecken sollte".

In einer Zeit, in der existenzbedrohende und extrem komplexe Probleme wie der Klimawandel oder die Corona-Pandemie nach Lösungen schreien, ist meines Erachtens mehr denn je wissenschaftliche Expertise zum Verständnis und zur Bewältigung der anstehenden Probleme erforderlich. Vor diesem Hintergrund sind Maxim Billers Angriffe überheblich, unangebracht und ausgesprochen ärgerlich. Genauso ärgerlich ist der sarkastisch-herablassende Ton, den Biller glaubt anschlagen zu dürfen, wenn er Virologen, Epidemiologen, Politiker jedweder Couleur, die "Regierungseliten" (Die Querdenker lassen grüßen!) und selbst die Justiz als ignorant, schwach, erpressbar und unfähig abqualifiziert.

Wolfgang Merkle, Neuburg/Donau

Selten habe ich eine so wunderbare Abhandlung zum Zustand unseres Staates gelesen. Biller trifft in puncto Politik und Politiker den Nagel auf den Kopf. Wer sich vor die Kamera stellt, um sich darzustellen, ohne echte Leistungen zu vollbringen, und hierbei auch noch Geld verbrennt, hat an entscheidender Stelle in einem Staat nichts zu suchen.

Dr. med. Oskar Lehmann, Albstadt

Wie kann sich ein so intelligenter,scharfsinniger, geistvoll-ironischer Autor zu einer solch undifferenzierten, grobschlächtigen Wutrede hinreißen lassen? Die Wortwahl ist erschreckend: kritikloser Wissenschaftskult, Zahlengerede, papageienhafte Verweise, Allesdichtmach-Clowns, geizgetriebene Impfschlampereien, etc. Wenn zur Krönung auf den Genossen Stalin verwiesen und die Bundesrepublik als "Failed State" bezeichnet wird, ist die Grenze, bis zu der eine vernünftige Diskussion noch möglich ist, endgültig überschritten.

Dr. Joachim Paulus, München

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