Der zweite Bosporus:Von Meistern und Eseln

Blick auf das Kanal Istanbul Projekt (Foto: Resul Kaboglu/imago images)

Mit dem "Kanal Istanbul" will Erdoğan die Türkei zukunftsfähig machen - ökologisch gräbt er ihr damit aber das Wasser ab.

Von Tomas Avenarius

Auf das Redenhalten versteht sich der türkische Präsident. Bei der Grundsteinlegung für sein Mega-Projekt "Kanal Istanbul" sagte er: "Von einem bedeutenden Menschen bleiben die Werke, von den Eseln nur ihre Lastensättel." Mit den Eseln meinte Recep Tayyip Erdoğan die Opposition, mit den Werken sein umstrittenes Vorhaben einer gigantischen Wasserstraße parallel zum Bosporus. Und wen er mit dem bedeutenden Menschen gemeint hat, das ist selbsterklärend.

Erdoğan gibt vor, Zukunft groß zu denken. Der Handel zwischen Mittelmeer und Schwarzem Meer werde in den kommenden Jahren rasant ansteigen, riesige Frachtschiffe seien Transportmittel der Wahl, der Bosporus als Wasserstraße quer durch Istanbul sei aber jetzt schon überlastet. Der Kanal werde Warenströme möglich machen, die Türkei in eine logistische Schlüsselposition bringen, gewaltige Einnahmen in die Kasse spülen.

Ein Kanal als geopolitischer Joker. Mal abgesehen davon, dass Erdoğan das Projekt nutzt, um als Macher seine schwindende Anhängerschaft zurückzugewinnen: Nach allem, was Experten sagen, hat der Kanal das Potenzial zum Umwelt-GAU. Und dass die Zukunft der Türkei nicht in ökologisch sterbenden Meeren und versalzenden Agrarflächen liegen kann, sollten sowohl Meister als auch Esel verstehen.

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