Tischtennis:Sieben Medaillen

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Er weiß, wie das Jubeln geht: Timo Boll mag älter geworden sein, an der Platte ist sein Spiel unnachahmlich - und weiterhin erfolgreich. (Foto: Abel F. Ros/dpa)

Die deutschen Tischtennisprofis glänzen bei der EM in Warschau mit einer einmaligen Bilanz in der Geschichte der Wettkämpfe. Timo Boll holt in überzeugender Art seinen achten Einzel-Titel.

Von Ulrich Hartmann, Warschau/München

Drei rein deutsche Endspiele am Sonntag mit drei Mal Gold und drei Mal Silber. Und zusätzlich Gold im Mixed. Mit der besten Ausbeute in der 61-jährigen Europameisterschaftshistorie haben die deutschen Tischtennis-Spielerinnen und -Spieler kurz vor Olympia ein Ausrufezeichen gesetzt. Timo Boll mit einem 4:1 im Männerfinale gegen Dimitrij Ovtcharov, Petrissa Solja mit einem 4:1 im Frauenfinale gegen Shan Xiaona und Xiaona/Solja mit einem 3:2 im Doppelfinale gegen Nina Mittelham/Sabine Winter setzten die goldenen Höhepunkte in Warschau. Für Boll war es der achte EM-Einzel-Titel. Für Solja hingegen war es eine Premiere. Sie war nach ihrem Triumph eher ungläubig gerührt als überschwänglich.

"Es könnte anstrengend werden", hatte Solja vor der EM gesagt. Und das wurde es auch für sie mit Einzel, Doppel und Mixed: am Mittwoch ein Match, Donnerstag vier, Freitag zwei, Samstag vier und Sonntag drei. Macht zusammen 14 Matches auf höchstem Niveau binnen fünf Tagen. Doch die Mühe hat sich gelohnt. Gold im Doppel und im Einzel machten die 27-Jährige überglücklich. Dass das Endspiel gegen Xiaona so deutlich ausfallen würde, überraschte. Solja hatte beim 4:1 (7, 3, 9, -4, 2) eigentlich nie Probleme. Unerwartet deutlich ging auch das Männerfinale über die Bühne. Boll gewann in fünf Sätzen (-9, 6,9,8,8), weil Ovtcharov nie zu seinem Spiel fand. Für Boll war es disziplinübergreifend die 20. EM-Medaille seiner Karriere.

Diese deutsche Ausbeute hätte zu keinem besseren Zeitpunkt kommen können als kurz vor den Olympischen Spielen in Tokio. Dort gehen die deutschen EM-Medaillengewinner nun zwar gewiss selbstbewusst und aussichtsreich in die Wettbewerbe (Einzel, Mixed, Mannschaft), dort treffen sie dann aber natürlich auch auf die asiatischen Ausnahme-Athleten aus China, Japan und Südkorea. Und das ist dann gleich wieder eine ganz andere Angelegenheit.

Durchschnaufen ist kaum noch möglich in diesem Jahr

Dem Triumph bei der EM tut diese relativierte Olympia-Aussicht allerdings keinen Abbruch. Am Freitag hatten Mittelham/Qiu im Mixed den Edelmetall-Reigen mit unverhofftem Gold durch einen 3:0-Finalsieg gegen die Slowaken Barbora Balazova/Lubomir Pistej eröffnet. Die eigentliche deutsche Medaillenhoffnung Solja/Patrick Franziska war überraschend schon im Viertelfinale gescheitert. Sonst hätte Solja noch mehr Matches machen müssen. Franziska, 29, vom Bundesligisten 1. FC Saarbrücken dürfte entgegen dem starken deutschen Trend enttäuscht aus Warschau abgereist sein, weil ihm weder im Einzel (Aus im Achtelfinale) noch im Doppel (Erstrunden-Aus mit Boll) noch im Mixed eine Medaille gelang.

Erfolgreich im Doppel und auch im Einzel: Shan Xiaona (rechts) und Petrissa Solja überzeugten auch bei den Europameisterschaften in Polen. (Foto: Leszek Szymanski/dpa)

Die Frauen haben den Männern diesmal die Show gestohlen. Solja vom Bundesligisten TSV Langstadt und Xiaona, 38, vom Meister Eastside Berlin dominierten den Einzel- und den Doppel-Wettbewerb, freuten sich aber auch, der ebenfalls für Berlin spielenden und ebenfalls mit zwei EM-Medaillen dekorierten Nina Mittelham sowie der Schwabhausenerin Sabine Winter zu Silber im Frauen-Doppel gratulieren zu dürfen.

Durchschnaufen ist kaum noch möglich in diesem Jahr. Nach Olympia stehen im Herbst auch noch die Mannschafts-EM in Rumänien sowie die Einzel-WM in Houston/USA auf dem Programm. Beides sind nachzuholende Turniere aus der Corona-Pause. Es bleibt also anstrengend für die deutschen Tischtennisprofis.

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