Reiserückkehrer:Seehofer: "Es darf kein Placebo sein"

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Kein "Stau bis Wien": Innenminister Horst Seehofer befürwortet Grenzkontrollen auch in der Urlaubssaison, will sie aber flexibel gestalten - ein Polizist an der Bundesstraße 12 bei Kirchdorf am Inn. (Foto: Sven Hoppe/picture alliance/dpa)

Innenminister Seehofer ist für Kontrollen von Reiserückkehrern an den Grenzen, will aber Chaos vermeiden.

Von Peter Fahrenholz

Mit Grenzkontrollen kennt Horst Seehofer (CSU) sich aus. Und auch mit dem Unmut darüber. Als der Bundesinnenminister im vergangenen Frühjahr die Grenzen zu verschiedenen Nachbarländern weitgehend schließen ließ, war der Verdruss in Europa über den deutschen Alleingang groß. Und je länger Seehofer damit wartete, bis er Lockerungen der Kontrollen zuließ, desto lauter wurde das Murren auch in Deutschland selbst. Vor allem jene Bundesländer, die eine Grenze mit Frankreich und den Benelux-Staaten haben, drängten auf eine raschere Rückkehr zur Normalität.

Seither hat das Coronavirus allerdings schon mehrmals gezeigt, dass es ebenfalls immer wieder zurückkehrt, weswegen Seehofer davon überzeugt ist, dass sich die Maßnahmen des vergangenen Jahres "uneingeschränkt" bewährt hätten. "Das war damals berechtigt", sagte er. Und weil sich mitten in der sommerlichen Entspannung, die in Deutschland herrscht, die gefährliche Delta-Variante immer weiter ausbreitet, hat Seehofer auch Verständnis für den aktuellen Vorstoß aus Bayern. "Im Prinzip ist das bayerische Anliegen berechtigt", sagte Seehofer der Süddeutschen Zeitung zur Forderung des bayerischen Gesundheitsministers Klaus Holetschek, Reiserückkehrer engmaschig zu kontrollieren. "Wir müssen schauen, dass wir uns nicht ein Infektionsgeschehen zusätzlich ins Land holen", sagte Seehofer.

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Angesichts der Ausbreitung der Delta-Variante dringen mehrere Ministerpräsidenten auf härtere Regeln bei Quarantäne und Tests. Seehofer sieht keinen Anlass für stationäre Grenzposten.

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Reisende könnten möglichst dicht nach der Grenze kontrolliert werden, sagt Seehofer

Derzeit muss aber niemand fürchten, dass die Grenzen in Europa wieder dichtgemacht werden. Denn in den Nachbarländern herrschen ähnliche Infektionsverhältnisse wie in Deutschland. "Wir haben im Moment kein Mutationsgebiet um uns herum", sagte Seehofer. Bislang sind in Europa nur Portugal, Großbritannien und Zypern als Virusmutationsgebiete eingestuft. Alles Länder, bei denen es eher selten bis unwahrscheinlich ist, dass jemand mit dem Auto nach Deutschland reist. Und für Verkehrsunternehmen herrscht nach den geltenden Regeln in diesen Fällen ein Beförderungsverbot, was sich auf Flughäfen relativ leicht kontrollieren lässt. Zumal hier ausschließlich die Bundespolizei zuständig ist.

Anders sieht es bei Straßenkontrollen aus. "Die Frage ist, in welcher Dichte kann man das kontrollieren." Seehofer schwebt ein ähnliches System wie im vergangenen Jahr vor. Eine sogenannte "Schleiermaßnahme", bei der die Reisenden auf Plätzen möglichst dicht nach der Grenze kontrolliert werden. Auch dass dort wieder Schnellteststationen eingerichtet werden könnten, sei "vorstellbar".

Die Kontrollen müssten so organisiert werden, dass sie funktionierten, ohne ein Chaos anzurichten. Und dass sie auch wirksam seien. "Es darf kein Placebo sein." Seehofer ist überzeugt, dass dies möglich ist. Die Bundespolizei habe seit vergangenem Jahr "dazugelernt". So würden etwa Autobahnen mit Drohnen überwacht, um möglichst schnell zu erkennen, wo sich Staus bilden. Jeder kleine Grenzübergang lässt sich aber nicht kontrollieren, das war auch im vergangenen Jahr schon so. "Lückenlos eine Grenze dichtzumachen, ist eine blanke Illusion." Und auch die Verhältnismäßigkeit muss in Seehofers Augen gewahrt bleiben. "Ich kann nicht einen Stau bis Wien in Kauf nehmen, um zwei Russen aus dem Auto zu holen", sagte Seehofer.

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