WDR-Rundfunkrat:Kölner Kulturkampf

News conference in Berlin calling for the release of activist Julian Assange

Einer der Iniatoren des Thesenpapiers zur Zukunft des WDR: der Vorsitzende des Kulturrats NRW, Gerhart Baum.

(Foto: Hannibal Hanschke/Reuters)

Bei einer außerordentlichen Sitzung des WDR-Rundfunkrats zeigt sich, wie weit die Meinungen über die Zukunft des Senders auseinandergehen.

Von Stefan Fischer

Haben wir schon, brauchen wir nicht: Die Mehrheit des WDR-Rundfunkrats hat ein Thesenpapier ziemlich harsch vom Tisch gefegt, das eine Minderheit seiner Mitglieder formuliert hatte, die sich zu keinem der beiden Freundeskreise rechnet - weder zu dem der SPD noch zu dem der CDU. Diese 21 von 60 Rundfunkräten hatten eine außerordentliche Sitzung des Gremiums beantragt, in der über "Die Zukunft der Gestaltung des Programmauftrags" debattiert werden sollte.

Diese Debatte hat nicht stattgefunden - jedenfalls nicht auf einer inhaltlichen Ebene. Eine Gruppe um Ralf Schnell als Vertreter der Hochschulrektoren, Gerhart Baum als Vertreter des Kulturrats NRW und den Landtagsabgeordneten Oliver Keymis (Bündnis 90/Die Grünen) will erreichen, dass die Themen, die für die Zukunft des WDR entscheidend sind, transparent definiert werden. Und der dabei weiterhin seinem Programmauftrag angesichts des Spardrucks und der digitalen Transformation gerecht werden soll. In dem Thesenpapier wird unter anderem die von WDR-Intendant Tom Buhrow vertretene "Programmstrategie 2025" genannt sowie die Online-first-Strategie unter Vernachlässigung des linearen Programms. Darüber hinaus geht es um die Ausrichtung der Mediathek und den Kulturauftrag.

Den Autoren des Thesenpapiers wird unterstellt, sie wollten die Kultur kategorisch von allen Sparbemühungen ausklammern.

Dafür wurde die Gruppe von Vertretern der beiden Freundeskreise scharf kritisiert. In den Redebeiträgen ging es vor allem darum, dass vieles, was in dem Thesenpapier formuliert ist, bereits in den verschiedenen Ausschüssen des Rundfunkrats diskutiert werde - diese außerordentliche Sitzung also im Grunde überflüssig sei. Andere bemängelten, dass entweder die Wirtschaft oder der Sport zu kurz kämen in den Überlegungen. Mehrmals wurde den Autoren des Thesenpapiers unterstellt, sie wollten die Kultur kategorisch von allen Sparbemühungen ausklammern.

Der Konter blieb nicht aus: Die Initiatoren der Sondersitzung monierten, dass die Arbeit in den Ausschüssen für das Plenum nur schwer nachvollziehbar sei. Dort würden in nicht-öffentlichen Sitzungen die Weichen gestellt und Absprachen getroffen, deren Zustandekommen für die übrigen Rundfunkräte kaum nachzuvollziehen sei. Eine derart grundsätzliche Debatte wie die über den Programmauftrag müsse jedoch öffentlich geführt werden, von einem Aufsichtsgremium des öffentlich-rechtlichen Rundfunks.

Einige der Befürworter des Thesenpapiers äußerten sich nach der Sitzung im Gespräch, die Debatte sei frustrierend gewesen. Andere zeigten sich durchaus zufrieden: Die Themen seien nun gesetzt, auch gegenüber dem Intendanten und den Programmdirektoren, die traditionell an den Rundfunkratssitzungen teilnehmen. Die Senderleitung und der Rundfunkrat würden in Zukunft nicht umhin kommen, konkret und vor allem öffentlich über zentrale strategische Fragen und die Qualität der Angebote zu debattieren, so die Hoffnung. Das ist ein Kernanliegen der Initiatoren des Thesenpapiers: diese Debatten aus den Ausschüssen herauszuholen und in die Öffentlichkeit zu tragen.

Bevor das Thesenpapier Thema wurde, hatte Jörg Schönenborn, Programmdirektor Information, Fiktion und Unterhaltung, auf Bitte des Rundfunkrats seine Strategie für die kommenden Jahre vorgetragen. Er folgte damit auf den Intendanten Tom Buhrow und auf Valerie Weber, Programmdirektorin für NRW, Wissen und Kultur, die ihre Standpunkte in den vorangegangenen Sitzungen dargelegt hatten. Schönenborn hatte eine klare Botschaft an die Rundfunkräte: Der Umfang, in dem bisher Geld und Personal in den Onlinebereich umgeschichtet werde, reiche nicht aus bei dem Tempo der gegenwärtigen Veränderungen: 2021 werde das Jahr, in dem nach den Jüngeren nun auch die 30- bis 50-Jährigen erstmals mehr Zeit in den Mediatheken verbringen als mit klassischem Fernsehen - und das wäre eine Mehrheit der Bevölkerung.

In welchem Umfang umstrukturiert wird, wofür konkret die Mittel künftig eingesetzt werden sollen, und ob der Intendant und die Programmdirektoren dabei immer im Sinne des Programmauftrags handeln - darüber wollen die 21 unabhängigen Rundfunksratsmitglieder eine öffentliche Debatte, die in der Gesellschaft und in den Medien längst geführt wird.

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