Senioren:Wenn der Briefkasten überquillt

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Alte Leute sind oft mit der Bearbeitung ihrer Post überfordert. Das kann Ärger zur Folge haben. Im Landkreis München sollen ihnen jetzt Paten helfen.

Von Iris Hilberth, Landkreis

Wie schnell Briefe zu einem hohen Stapel anwachsen, weiß jeder, der mal länger im Urlaub war. Für Senioren, die mit dem Papierkram überfordert sind und deshalb die Schreiben von Behörden, Stadtwerken oder der Krankenkassen zur Seite legen und damit möglicherweise Fristen verstreichen lassen, kann das nicht nur zu einem Berg von Briefen oder einem überfüllten E-Mail-Postfach führen, sondern auch zu einem großen Problem. Der Landkreis will daher jetzt sogenannte Postpaten einsetzen, die vorwiegend Älteren helfen, ihre Korrespondenz zu sortieren und zu erledigen.

Landrat Christoph Göbel (CSU) kann sich aus seiner Zeit als Bürgermeister in Gräfelfing noch genau an eine alte Dame erinnern, welcher der Strom abgestellt wurde. Geldmangel war jedenfalls nicht der Grund, warum die Frau plötzlich im Dunkeln saß. "Oft ist es den Leuten unangenehm, wohin zu gehen und sich Hilfe zu holen", sagt Göbel. Oft hatte sich der zwischenzeitig verstorbene Partner all die Jahre um diese Dinge gekümmert. Oder eine Sehbehinderung schränkt neuerdings das Lesen und Schreiben ein. Wenn es dann in der Familie niemanden gibt, der den Senioren beim Bearbeiten der Post behilflich ist, bleibt eben vieles liegen.

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Die Aufsuchende Seniorenberatung des Landkreises, die solchen Bedarf feststellt, kann nun ehrenamtlich tätige Postpaten an die betroffenen älteren Menschen vermitteln. Diese unterstützen die Senioren in ihrem Zuhause beim Öffnen, Sortieren, Ablegen und Beantworten der Post. Sie besprechen und bearbeiten gemeinsam offizielle Schreiben und assistieren gegebenenfalls beim Ausfüllen von Formularen. Das neue Angebot des Landkreises ist an eine Kooperation mit dem Münchner Bildungswerk (MBW) gekoppelt. Dort werden die Ehrenamtlichen geschult und nehmen an Informationsabenden und Fortbildungen teil.

Denn so unkompliziert, wie es sich vielleicht anhört, ist es nicht, die Post von Fremden zu bearbeiten. "Es gibt rechtliche Grenzen, was ein Postpate darf, das ist nicht ganz einfach", begründete Landrat Göbel in der Sitzung des Sozialausschusses am Montag die Zusammenarbeit mit dem Bildungswerk. Im familiären Bereich gebe es ganz andere Möglichkeiten etwas zu klären oder zu entscheiden. Dies werde in den Schulungen sehr gründlich geklärt.

In fünf Modulen mit je drei Unterrichtseinheiten zu je 45 Minuten geht es allerdings nicht nur um den rechtlichen Rahmen für Helfer, also Versicherung, Datenschutz, Abstimmungsprozesse und Schweigepflicht. Die Postpaten lernen auch die Struktur der Unterstützungssysteme und Leistungen für ältere Menschen im Landkreis kennen und bekommen einen Überblick über die wichtigsten Anträge. Es wird über Einschränkungen im Alter und Alterserkrankungen gesprochen und die Gesprächsführung mit älteren Menschen geübt. Postpaten sollten laut Bildungswerk kontaktfreudig sein und über ausreichend zeitliche Ressourcen verfügen. Auch sollten sie sich auf angespannte Lebenssituationen einlassen können und keine Berührungsängste in Hinblick auf die Themen Alter, Krankheit und Verlust von Fähigkeiten haben. Die ehrenamtlich tätigen Postpaten erhalten eine Aufwandsentschädigung und werden zu zwei Festen im Jahr eingeladen. Der Landkreis bezuschusst das Projekt mit 63 000 Euro in den kommenden drei Jahren. Aktuell sieht das Landratsamt einen hohen Bedarf unter den Senioren im Landkreis. Ausgeschlossen von der Postpatenschaft sind allerdings Menschen mit schwerer Demenz, ausgeprägter psychischer Erkrankung oder sehr starker Vermüllung.

© SZ vom 07.07.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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