Geschichte:Keine Erinnerung an den Hitler-Platz

Kunst am Bau St. Matthias Waldram

Der heutige Seminarplatz am Kolleg Sankt Matthias in Waldram hieß von 1945 bis 1956 Roosevelt-Square, davor Adolf-Hitler-Platz.

(Foto: Manfred Neubauer)

Die Wolfratshauser Stadträte lehnen einen Antrag für Zusatzschilder in Waldram ab. Der Badehaus-Verein wollte damit auf frühere Straßennamen aufmerksam machen.

Von Konstantin Kaip

Das heutige Waldram wurde als Siedlung für Rüstungsarbeiter im Nationalsozialismus gegründet, war dann unter US-Besatzung Lager für Holocaust-Überlebende und wurde danach zur Heimat katholischer Vertriebener. Der jüngste der Wolfratshauser Ortsteile ist damit besonders geschichtsträchtig. Der Wandel der Zeiten zeigte sich auch an den Straßennamen. So hieß etwa der heutige Kolpingplatz zuerst Danziger Freiheit, dann Independence Place. Aus dem Adolf-Hitler-Platz wurde der Roosevelt-Square und schließlich der Seminarplatz.

Dokumentiert wird diese besondere Geschichte im Erinnerungsort Badehaus. Deren Betreiber, die "Bürger fürs Badehaus Waldram-Föhrenwald", wollten sie aber auch wieder im Viertel sichtbar machen - mit Zusatzschildern, welche die historischen Namen ergänzen. Insgesamt 69 dieser Plaketten wollte der Verein an Straßenschildern und Hauswänden anbringen lassen. Einen entsprechenden Antrag, der im September vergangenen Jahres gestellt und im Frühjahr mit den zuständigen Referaten der Stadtverwaltung abgestimmt wurde, hat der Kulturausschuss im Stadtrat am Dienstag jedoch mit großer Mehrheit abgelehnt. Die Namen aus der NS-Zeit, allen voran den Adolf-Hitler-Platz, wollten die Stadträte nicht unkommentiert im Straßenbild sehen. Auf den Wechsel der Straßennamen weise bereits eine Infotafel im Ortsteil sowie die Dokumentation im Badehaus hin, hieß es.

Er habe der Vereinsvorsitzenden Sybille Krafft bereits mitgeteilt, dass er die Hinweise an die Nazi-Zeit kritisch sehe, sagte Bürgermeister Klaus Heilinglechner (Bürgervereinigung). "Ich habe Bedenken, ob das nicht auch den ein oder anderen Unterstützer dieser Zeit anlockt." Und Manfred Fleischer (Wolfratshauser Liste) nannte die Idee, deren Umsetzung laut Schätzung etwa 20 000 Euro kosten würde, "unfassbar". Beim Gedanken, den Adolf-Hitler-Platz auf einem Schild zu lesen, bleibe ihm "die Spucke weg", sagte er. "Da werden wir zum Gespött der Region und bekommen den Beifall von der falschen Seite." Er wohne seit mehr als 20 Jahren in Waldram und kenne einige Bürger im Ortsteil, die "gar nichts von so einer Idee halten", so Fleischer. Die aber habe der Verein vor Antragsstellung gar nicht gefragt. "Waldram ist kein Experimentierfeld", sagte er. Im Badehaus gebe es eine "wunderbare Karte", auf der alle alten Straßennamen stehen. "Die Bürger brauchen sie nicht, um nach Hause zu finden."

Manfred Menke und Fritz Meixner (beide SPD) teilten die Bedenken in Bezug auf die Nazi-Namen. Menke regte an, die Straßenschilder vielleicht mit QR-Codes zu versehen, die zu längeren Erklärungen im Internet führen. Und Meixner fand die Idee zwar gut, sah bei der Umsetzung aber "ein ganz großes Fragezeichen". Er schlug stattdessen einen Audio-Guide vor, den sich geschichtsinteressierte Bürger im Badehaus holen könnten, um sich durch die Straßen leiten zu lassen. Das sei auch gut für den Verein, sagte Heilinglechner, der sich schließlich über Besucher freue.

Für den Antrag stimmte letztlich nur Annette Heinloth (Grüne). Sie habe zusätzliche Erläuterungen an Straßenschildern in anderen Städten stets als bereichernd empfunden, sagte sie - und könne sich vorstellen, dass diese Waldrams einzigartige Geschichte "an bestimmten Punkten erlebbar machen". Allerdings war auch sie dagegen, dass der Adolf-Hitler-Platz auf den Schildern genannt wird. "Ich möchte diesen Namen so nicht in der Öffentlichkeit lesen", sagte Heinloth.

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