"Young Royals" auf Netflix:Geheime Gesellschaft

"Young Royals" auf Netflix: Prinz Wilhelm (Edvin Ryding) hat etwas angestellt und muss deshalb ins Edel-Internat.

Prinz Wilhelm (Edvin Ryding) hat etwas angestellt und muss deshalb ins Edel-Internat.

(Foto: Robert Eldrim/Netflix)

Sehenswert: Eine schwedische Netflix-Serie schildert die Leiden eines jungen Prinzen zwischen Pflicht, Begehren und sozialen Medien.

Von Kathleen Hildebrand

"Man sieht's fast nicht", sagt Ruderkapitän August zum jüngsten Sohn der Königin und tätschelt ihm dabei unsanft die Akne-Wange. Das ist gemein von August, aber es weist auch auf das hin, was diese Serie von vorneweg auszeichnet: In Young Royals sind echte Teenager zu sehen, nicht die durchtrainierten Mittzwanziger, die in US-Highschool-Serien Sechzehnjährige spielen. Prinz Wilhelm (schön "awkward": Edvin Ryding) und seine Internatskameraden sind schlaksig, hühnerbrüstig, man sieht die Pickel, bei den Mädchen sind sie mit Abdeckstift kaschiert. Wenn hier einer klare Haut hat und ein paar Muskeln wie der Alpha-Internatsboy August, sollte man skeptisch werden.

Sonst ist Young Royals recht traditionell. Weil alles aber so einfühlsam, so modern und schnell erzählt ist, will man unbedingt weitergucken, auch wenn der Plot ein wenig vorhersehbar ist: Der jüngere Sohn der schwedischen Königin haut in einem Club seinen Kopf gegen den eines anderen Jungen. Das Video davon geht um die Welt. So viel jugendliche Aggressivität ist schlechte PR fürs Königshaus. Es wird also entschieden, dass Wilhelm raus muss - aus der Schusslinie der Handys, aus Stockholm und rein ins abgeschiedene Internat Hillerska, wo im Schweden dieser Serie die oberen paar Dutzend seit Generationen ihre Kinder hinschicken. Wilhelm ist wütend, aber auch ernsthaft geknickt, denn sein Gemüt ist fragiler als das seines großen Bruders, des Thronfolgers Erik, der eine Legende am Hillerska ist.

Die Adeligen beschaffen sich auf dunklen Wegen Alkohol und Drogen

Dort gibt es, wie es sich für ein Internat gehört, mindestens zwei Lager: die Reichen, unter denen sich wiederum die Adeligen als die Coolsten fühlen. Sie sind in einer Geheimgesellschaft organisiert und beschaffen sich auf dunklen Wegen Alkohol und Drogen - in Internaten ist das schwierig, in schwedischen Internaten fast unmöglich, weil man ja auch in der normalen Welt 21 sein muss, um im Schnapsladen einkaufen zu dürfen. Das andere Lager bilden die "Externen", die mit Stipendien für begabte Normalbürger am Hillerska lernen dürfen.

"Young Royals" auf Netflix: Wilhelm stürzt sich in eine Romanze mit dem begabten Mitschüler Simon aus der nahe gelegenen Sozialbausiedlung.

Wilhelm stürzt sich in eine Romanze mit dem begabten Mitschüler Simon aus der nahe gelegenen Sozialbausiedlung.

(Foto: Netflix)

Einer von ihnen ist Simon, Sohn einer alleinerziehenden spanischsprachigen Mutter aus der Sozialbausiedlung in der Nähe. Er ist schön, singt die Schmachtsoli im Popchor der Schule und kommt Prinz Wilhelm schneller näher, als die Adelsjungs gucken können. Der Zweite in der Thronfolge stürzt sich in eine schön erzählte homosexuelle Romanze.

Verbotene Liebe bei den Royals, das klingt erst einmal nicht wahnsinnig originell. Tatsächlich aber sind die europäischen Königshäuser, was Homosexualität angeht, eine dunklere Blackbox als der Profifußball. Was würde passieren, wenn ihre Sprösslinge nicht nur Bürgerliche heirateten, sondern adoptierte Kinder in die Thronfolge brächten? Würde ihr Volk dann noch schärfere Fragen nach der Legitimität von Monarchien stellen? Und so archaisch es ist, dass diese Familien ihre Privilegien noch immer mit Blutsverwandtschaft begründen, so viel Konfliktpotenzial birgt es eben auch für eine dramatische Netflix-Serie.

Man hätte sich davon in Young Royals noch mehr gewünscht - mehr Gespräche über die Absurdität von blauem Blut im 21. Jahrhundert. Aber weil die schärfste Bruchlinie im Internat zwischen Adel und Sozialwohnung verläuft, bleibt die Bedeutung der Monarchie weitgehend unhinterfragt. Eine zweite Staffel könnte da sehr interessant werden. Die erste nämlich endet mit einer Kampfansage: Wilhelm sitzt im Fond einer chauffeurgeführten Limousine, er blickt direkt in die Kamera. Der Song, der dazu läuft, heißt "Revolution".

Young Royals, sechs Folgen, bei Netflix.

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