Frankreich:Bewährungsstrafen für Hass und Hetze

Frankreich: Die mittlerweile volljährige Mila hat den Prozess gegen die Hezter, die sie im Internet bedrohten, im Gericht in Paris verfolgt.

Die mittlerweile volljährige Mila hat den Prozess gegen die Hezter, die sie im Internet bedrohten, im Gericht in Paris verfolgt.

(Foto: Thibault Camus/AP)

Nach einem islamfeindlichen Post ist eine französische Schülerin mit Hassnachrichten und Morddrohungen überrollt worden. Ganz Frankreich diskutierte über die "Mila-Affäre". Elf Hetzer sind nun verurteilt worden.

Von Julius Bretzel

Angefangen hat es mit einem Video des französischen Teenagers Mila auf Instagram. Darin kritisierte die damals 16-Jährige den Islam. Das war im Januar 2020. Mila wurde daraufhin von Hassnachrichten überrollt, mehr als 100 000 soll sie erhalten haben, darunter sogar Morddrohungen. Zeitweilig stand sie unter Polizeischutz. Die "Mila-Affäre" löste in Frankreich eine Debatte über Religionskritik und Meinungsfreiheit aus.

Seit Anfang Juni standen 13 Hetzer in Paris vor Gericht, elf von ihnen sind jetzt zu Gefängnisstrafen von vier bis sechs Monaten verurteilt worden, die zur Bewährung ausgesetzt werden, wie die französische Tageszeitung Le Monde berichtet. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass die 18- bis 28-jährigen Angeklagten mit ihren Twitter-Nachrichten die 16-jährige Mila belästigt haben, einer von ihnen wurde sogar explizit wegen einer Morddrohung verurteilt. Nur einer der Angeklagten wurde freigesprochen, ein anderer Fall wegen eines Verfahrensfehlers abgewiesen.

Die Mehrheit der Angeklagten, die aus ganz Frankreich stammen, hatte bei der Anhörung zugegeben, Verfasser der Hassbotschaften zu sein. Die meisten von ihnen bestritten jedoch, an einer Art digitalen "Razzia" gegen Mila teilgenommen zu haben. Die Verteidiger hatten einen teilweisen oder vollständigen Freispruch gefordert und darum gebeten, keine Exempel zu statuieren.

Präsident Macron schaltet sich ein

Mila hatte in einem Interview mit der Tageszeitung Libération angegeben, sie sei vor ihrem Instagram-Post in dem sozialen Netzwerk von einem Mann beleidigt worden, den sie für einen Muslim gehalten hatte. "Ich bin keine Rassistin", sagte sie. "Ich habe das Recht zu sagen, was ich denke, ich bereue das nicht."

Die Debatte um die "Mila-Affäre" wurde immer heftiger, als sich der Generaldelegierte des französischen Islamrates CFCM, Abdallah Zekri, einschaltete und die Drohungen gegen die Jugendliche rechtfertigte. Zekri sagte in einem Radiointerview, Mila habe die Reaktionen provoziert und müsse jetzt selbst damit klarkommen. "Wer Wind sät, muss mit dem Sturm rechnen."

Präsident Emmanuel Macron nahm Mila in Schutz. Seit der Revolution von 1789 gebe es in Frankreich ein "Recht auf Gotteslästerung". Es erlaube, "Religionen zu kritisieren und zu karikieren", sagte er im Februar 2020. Außerdem forderte er, Jugendliche wie Mila müssten besser gegen "neue Formen des Hasses und des Mobbings im Internet geschützt werden".

Die inzwischen volljährige Mila zeigte sich nach dem Ende des Prozesses erleichtert: "Wir haben gewonnen und wir werden weiter gewinnen", sagte sie. Mehrere Angeklagte müssen ihr nach dem Urteil jeweils 1500 Euro Entschädigung zahlen sowie die Gerichtskosten übernehmen.

In einer früheren Version der Geschichte hieß es, Mila habe die Anhänger des Islam beleidigt. Das ist falsch, sie hat sich in ihrem Post nicht auf Muslime bezogen, sondern sich abfällig über den Islam geäußert. Diesen Fehler haben wir korrigiert.

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