Bevölkerungswachstum in München:Das Virus stoppt den Boom

Coronavirus in Deutschland: Fußgängerzone in München während der Pandemie

Seit 1999 zeigte die Kurve der Einwohnerzahlen im Großraum München ungebrochen steil nach oben, das hat sich nun geändert.

(Foto: Ralph Peters/imago)

Weniger Geburten, mehr Sterbefälle: Im Corona-Jahr 2020 hat sich das Bevölkerungswachstum im Großraum München stark verlangsamt. Mehrere Landkreise melden sogar ein Minus.

Von Iris Hilberth, Oberhaching

Corona hat das Bevölkerungswachstum im Großraum München vorerst ausgebremst. Die neuesten Zahlen des Planungsverbands Äußerer Wirtschaftsraum (PV) bestätigen: Es sind 2020 nicht nur sehr viel weniger Menschen in die Region gezogen als in den Jahren und Jahrzehnten zuvor, es gab auch weniger Geburten, dafür aber mehr Sterbefälle. Dem Ballungsraum München wird damit im ersten Jahr der Pandemie ein sehr geringes Wachstum von 0,17 Prozent bescheinigt, die durchschnittliche jährliche Veränderung der Einwohnerzahl lag in den Jahren 2009 bis 2019 hingegen bei etwa einem Prozent. In einigen Landkreisen rund um München ist die Bevölkerungszahl 2020 sogar geschrumpft.

Seit 1999 zeigte die Kurve der Einwohnerzahlen in der Region ungebrochen steil nach oben. Zurückzuführen war das stetige Bevölkerungswachstum insbesondere auf Zuzüge aus dem Ausland. 12 000 bis 25 000 Menschen kamen jährlich, "im vergangenen Jahr waren es nur 500", sagte PV-Geschäftsführer Christian Breu bei einer Sitzung des Verbands am Dienstagnachmittag in Oberhaching. Nur zwei Landkreise seien noch ganz gut gewachsen, andere verzeichneten Rückgänge. Während sich etwa in Erding mit einem Plus von 0,51 Prozent und Landsberg am Lech (0,60 Prozent Wachstum) die pandemiebedingte Nullrunde weniger bemerkbar macht, hat Fürstenfeldbruck 571 Einwohner weniger als vor der Corona-Krise (minus 0,26 Prozent).

Auch im prosperierenden Landkreis München wohnen inzwischen 788 Menschen (0,22 Prozent) weniger als noch 2019. Die Landeshauptstadt liegt mit einem Wachstum von 0,27 Prozent noch ein wenig über dem Durchschnitt in der Region. Breu musste allerdings eingestehen: "Man weiß noch nicht, woher das kommt." Die Datenlage sei noch zu schlecht.

Allerdings bestätigt sie, was das Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung kürzlich in einem Diskussionspapier aufgezeigt hat. Die Wissenschaftler stellten ein vorläufiges Ende des Booms in 15 großen deutschen Städten fest. In München, Stuttgart und Frankfurt schwächte sich das Wachstum am stärksten ab. Wie es aussehe, seien im ersten Corona-Jahr 2020 langjährige Trends der Einwohnerentwicklung gebremst oder unterbrochen worden, heißt es in dem Papier. "Dies wird insbesondere bei der Migration deutlich", schreiben die Wissenschaftler, verweisen aber auch auf den sogenannten natürlichen Saldo, also die Differenz zwischen Geburten und Sterbefällen. Dieser habe sich generell in die negative Richtung entwickelt.

In der Region München ist der natürliche Saldo von 7134 auf 5446 deutlich zurückgegangen. Im Jahr 2020 wurden im Großraum München 31 083 Kinder geboren, 25 637 Menschen sind gestorben. Deutlich im Minus liegt der Landkreis Starnberg (-255), was allerdings auch 2019 (-206) bereits der Fall war. Im Landkreis München hingegen gab es vor Corona noch einen positiven Saldo, der sich 2020 ins Negative entwickelte. Es gab 176 mehr Sterbefälle als Geburten.

Auch der Blick auf die Zahl der Arbeitsplätze bestätigt das stark gebremste Wachstum. Während in den Jahren zuvor durchschnittlich drei Prozent mehr sozialversicherungspflichtig Beschäftigte registriert wurden, stieg die Anzahl dieser Jobs 2020 lediglich um 0,01 Prozent. Der Landkreis Starnberg verzeichnete in der Krise immer noch ein Plus von fast einem Prozent, auch in Fürstenfeldbruck gab es Zuwächse (0,61 Prozent). Der Landkreis München (-0,33) und insbesondere der Landkreis Freising (-1,13) verzeichneten dagegen einen Einbruch, was Breu vor allem auf den Flughafen zurückführt.

Seit Oktober steigen die Fluggastzahlen zwar wieder, doch "auf einem sehr niedrigen Niveau". Insgesamt erhole sich der Arbeitsmarkt langsam, habe aber noch lange nicht das Niveau von 2019 erreicht. Breu ist sich sicher: "Die Region kommt mit Stagnation durch die Krise, es wird zwei bis drei Jahre bei einer Seitwärtsbewegung bleiben."

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