Logistik:Der Boom geht weiter

Bundesnetzagentur

Eine Zustellbasis der Deutschen Post DHL in Düsseldorf

(Foto: Rolf Vennenbernd/dpa)

In der Corona-Krise ist der Onlinehandel so stark gewachsen wie nie - und mit ihm auch die Logistik. Konzerne wie die Deutsche Post melden hohe Gewinne und suchen zusätzliche Beschäftigte.

Von Benedikt Müller-Arnold, Köln

Deutschland und seine Paketboten, das ist eine Beziehung, die in der Corona-Krise intensiver geworden ist - Optimisten würden sagen: besser. Während viele Geschäfte zeitweise schließen mussten oder nur unter Auflagen aufsperren dürfen, liefern Zusteller recht zuverlässig, was man im Internet so alles bestellt: Klamotten und Schuhe, klar, aber neuerdings etwa auch Wein oder Gartenmöbel.

Und manchmal werden die Boten auch zu Helden. So wie Kangni Ayika aus Köln, der Anfang des Monats mitten durch die Kirche in einen Gottesdienst zur Silberhochzeit platzte und dem Bräutigam die Ringe brachte. Mehr als eine Million Menschen haben sich online den Spaß angesehen, den der Bräutigam ausgeheckt hatte: Man sah sich so oft während der Corona-Pandemie, dass Ayika ihm zusagte, die Kirchenbesucher mit seiner Lieferung zu überraschen.

Es war eines der vielen Pakete, die derzeit geliefert werden: Ungefähr 3,6 Milliarden Pakete wurden alleine im Pandemie-Jahr 2020 durch die Republik verschickt, berichtet die Bundesnetzagentur, ein Sechstel mehr als 2019. Und auch in diesem Jahr melden Paketdienste Rekord-Beschäftigung. "Die Erfolgsstory geht weiter", sagte Marten Bosselmann, Chef des Bundesverbands Paket und Expresslogistik (BIEK), bei der Vorstellung seiner jüngsten Branchenstudie.

Schattenseite des Erfolgs

Von wirtschaftlichem Erfolg kann etwa die Deutsche Post berichten, mit ihrer Marke DHL führend auf dem Paketmarkt in Deutschland: Für das erste Halbjahr 2021 meldete sie einen Gewinn von 3,985 Milliarden Euro vor Zinsen und Steuern, mehr als doppelt so viel wie im krisengeplagten Vorjahreszeitraum. Der Boom im Onlinehandel sei offenbar "von Dauer", sagte Vorstandschef Frank Appel, davon profitiere die Post stark und arbeite "unverändert auf Hochtouren". Der Konzern spürt zudem, dass Unternehmen weltweit wieder mehr Fracht und Sendungen an andere Unternehmen verschicken - bei noch immer knappen und teuren Frachtkapazitäten zu Luft und zu Wasser. Das nützt der Post.

An der Börse ist der Konzern mittlerweile mehr als 70 Milliarden Euro wert - deutlich mehr als vor Ausbruch der Pandemie. Der Konzern hat vorige Woche seine Gewinnprognose für die nächsten Jahre angehoben. Zudem will die Post etwa 550 000 Beschäftigten weltweit einen Bonus von 300 Euro je Vollzeitkraft zahlen, "als Anerkennung für ihren unermüdlichen Einsatz", so die Begründung. Die Höhe der Sonderzahlung mag zunächst nicht sonderlich großzügig klingen. Andererseits sollen Beschäftigte weltweit den Bonus erhalten - vom Lageristen in Lateinamerika bis zum Disponenten in Ostasien.

Überhaupt, die Beschäftigten: In Deutschland arbeiten mittlerweile gut 255 000 Menschen in der Kurier-, Express- und Paketwirtschaft, berichtet der BIEK, allein im vergangenen Krisenjahr seien mehr als 10 000 Arbeitsplätze hinzugekommen. Allerdings beschäftigt die Branche noch immer viele Teilzeitkräfte, Aushilfen und auch Subunternehmen. Der Bund hat Paketdienste Ende 2019 stärker in die Haftung genommen, was die Arbeitsbedingungen bei ihren vielen Dienstleistern betrifft.

Dem steht freilich gegenüber, wie viele stationäre Händler - auch infolge der Corona-Pandemie - unter Druck geraten sind. Im Handel sind schon viele tarifgebundene Arbeitsplätze weggefallen, in Einkaufsstraßen stehen mehr und mehr Ladenlokale leer. Stefan Genth, der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Deutschland, diagnostizierte am Mittwoch "eine deutliche Verschiebung der Konsumstruktur": weg vom Laden, hin zu Onlineshops.

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