Aus dem Gericht:Mann missbraucht seine kleinen Cousinen

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Der Fall wurde vor dem Dachauer Amtsgericht verhandelt. (Foto: Toni Heigl)

Das Schöffengericht verhängt gegen den geständigen 24-Jährigen eine Jugendstrafe von zwei Jahren auf Bewährung

Von Jacqueline Lang, Dachau

Die Vorwürfe wiegen schwer, dennoch gibt sie der Angeklagte mit einer Ausnahme vollumfänglich zu: Im Zeitraum von 2013 bis 2019 hat der heute 24-Jährige Erdinger demnach seine beiden Cousinen, heute 13 und neun Jahre alt und im Landkreis Dachau wohnhaft, mehrfach sexuell missbraucht oder es versucht. Zudem wurden auf seinem Rechner sowie auf seinem Smartphone 768 pornografische Bilder von Minderjährigen gefunden.

Die Ausführungen des Angeklagten, der stets sein Kuscheltier, einen Eisbären, im Arm hält, finden auf Antrag seines Verteidigers unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Die Begründung: Der Angeklagte sei zum Tatzeitpunkt teilweise selbst noch minderjährig gewesen. Sein Schutz stehe damit über dem öffentlichen Interesse. Auch die Einschätzung der Jugendgerichtshilfe und die Plädoyers der Staatsanwaltschaft, des Nebenklägers, der die beiden Cousinen vertritt und des Verteidigers werden unter Ausschluss der Öffentlichkeit vorgetragen.

Da der Angeklagte aber bis auf einen geschilderten Vorfall geständig ist, steht für das Jugendgericht und die beiden Schöffen fest, dass der 24-Jährige mehrfach bei seinen Verwandten im Landkreis übernachtet hat oder die Cousinen in der Wohnung des Angeklagten in Erding. Der Angeklagte schlief jedes Mal mit den beiden Cousinen in einem Bett. Dabei hatte er vor allem die ältere der beiden Schwestern mehrmals im Schlaf im Genitalbereich berührt und sie auch mehrmals gefragt, ob sie nicht sein Glied anfassen wolle. Das kleine Mädchen, so verliest es die Staatsanwältin, verneinte dies jedes Mal und gab ihrem Cousin einmal eine Ohrfeige. Auch Bilder von sich und den beiden Mädchen oberkörperfrei wurden auf dem Handy des jungen Mannes gefunden, ebenso wie Aufnahmen, bei denen unter einen Rock fotografiert wurde. Auf Nachfrage des Richters Christian Calame, um wen es sich dabei handle, sagt er, dass dies auch seine jüngere Cousine gewesen sei.

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Letztlich verurteilt ihn Richter Calame zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren, die er auf drei Jahre zur Bewährung aussetzt. Zur Auflage macht er es dem Angeklagten, dass er seine Therapie weiterführt und 150 Sozialstunden ableistet. Zwar sei nach der Verhandlung, zu der keine Zeugen geladen wurden, und dem Geständnis des Angeklagten klar, dass dieser die Taten begangen habe und sich damit nicht nur des sexuellen Missbrauchs sondern auch des Besitzes und der Anfertigung pornografischer Inhalte strafbar gemacht habe. Strafmildernd sind aus Sicht des Gerichts jedoch mehrere Aspekte: Zum einen habe der Angeklagte die Taten vollumfänglich eingeräumt und damit seinen Cousinen die neuerliche Schilderung der Ereignisse vor Gericht erspart, er sei bereits in Therapie, und auch wenn die Taten natürlich schlimm genug gewesen seien, so "gibt es weitaus schlimmere Taten", so Richter Calame. Immerhin habe der Angeklagte niemals körperliche Gewalt gegen seine Cousinen angewandt, nie sei er in sie eingedrungen. Er habe somit stets in den entscheidenden Momenten noch die "Reißleine" gezogen, auch wenn er sich natürlich am "Rande der Grenze" bewegt habe und das mehrfach.

Strafmildernd und ausschlaggebend für ein in allen Anklagepunkten zur Anwendung kommendes Jugendstrafrecht sind aus Sicht des Gerichts auch die Umstände, in denen der Angeklagte selbst groß geworden ist. Die Trennung seiner Eltern habe dem jungen Erdinger offenbar stark zugesetzt, auch habe er in seiner Kindheit selbst sexuellen Missbrauch erfahren. Sein Leben sei derzeit wenig "zielführend", er habe keine Ausbildung, keinen Job, lebe noch zuhause bei der Mutter und beziehe Hartz IV. Alles in allem, so die Einschätzung des Schöffengerichts, sei der Angeklagte selbst "weit davon entfernt", erwachsen zu sein, auch wenn er einige der Taten bereits als Volljähriger begangen habe.

Gleichwohl, und auch das macht Richter Calame deutlich, habe man die "große Befürchtung", dass er seine "Präferenz zu Kindern" noch nicht vollständig unter Kontrolle habe. Das Vertrauensverhältnis zu seinen Cousinen habe er wissentlich ausgenutzt, die Zahl der pornografischen Bilder sei außerdem "erheblich". Von schädlichen Neigungen sei nicht zuletzt auch deshalb auszugehen, weil der junge Mann 2019 schon einmal vom Erdinger Amtsgericht wegen des Verkaufs von Amphetaminen und Marihuana verurteilt worden sei.

© SZ vom 16.07.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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