Podcasts des Monats Juli 2021:Das sind die Podcasts des Monats

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(Foto: Luis Murschetz (Illustration))

Die Wandlung Ken Jebsens, Wissenschaftlerinnen und Dealer: Die besten Produktionen tauchen in Milieus ein, die viele bestenfalls oberflächlich kennen. Unsere Empfehlungen im Juli.

Von SZ-Autoren

Cui Bono: WTF happend to Ken Jebsen?

ARD Audiothek

Der Titel dieses sechsteiligen Podcasts enthält zwei Fragen: Was zur Hölle ist mit Ken Jebsen passiert, seit er als junger, anarchischer Radio- und Fernsehmoderator durchs Berlin der wilden Neunzigerjahre zog? Und: Cui bono - wem zum Vorteil - handelt Jebsen, selbsternannter Aufdecker angeblicher Wahrheiten? Cui Bono erzählt, wie Ken Jebsen abgedreht ist vom selbstbewussten, wagemutigen Sprechtalent hin zu einer Verschwörungs-Unlogik und wie er zu einer der zentralen Figuren wurde in einem Netzwerk aus Corona-Leugnern, Demokratiefeinden und Organisatoren politischer Desinformationskampagnen. Der Journalist Khesrau Behroz und sein Team haben mit vielen Menschen gesprochen, darunter ehemalige Weggefährten Jebsens, der RBB arbeitet die Geschichte aktiv mit auf, die in Teilen seine eigene ist. Obwohl der Sender dabei nicht im besten Licht dasteht. Stellt man Jebsen damit nicht eine prächtige Bühne hin - auch wenn der sie gar nicht betritt, jedoch ausführlich zitiert wird und mit aufgezeichneten Ansprachen und Sendungsausschnitten zu Wort kommt? Gegenfrage: Was wäre gewonnen, Jebsens breitenwirksames Treiben zu ignorieren? Stefan Fischer

Lab Gap

editionf.com

Es gibt sie, die Astronautinnen, Polarforscherinnen, Biochemikerinnen und Toxikologinnen unter uns. Kurzum: Es gibt Frauen in der Wissenschaft. Doch, so zumindest die These des neuen Edition-F-Podcasts Lab Gap: "Noch immer wird Forschungspotenzial verschenkt, weil zu wenig hochqualifizierte Frauen in der Forschung arbeiten." Die Moderatorin Victoria Müller will verstehen, woran das liegen könnte, und spricht deshalb seit Mitte Mai jede Woche mit führenden Wissenschaftlerinnen darüber, wie Wissenschaft weiblicher werden kann. In der ersten Folge etwa befragt Müller die Internistin, Infektiologin und Forscherin Marylyn Addo, was genau eigentlich der Unterschied zwischen einer Virologin und einer Infektiologin ist, wie es ist, mitten in einer Pandemie an einem Impfstoff zu arbeiten, und wie man Beruf und Familie vereinbart. Victoria Müller gelingt es dabei, in die Tiefe zu gehen, ohne zu viel Fachwissen vorauszusetzen. Ein Podcast nicht nur für Nerdinnen. Und vor allem: nicht nur für Frauen. Jacqueline Lang

Shit happens

ardaudiothek.de

Man fragt sich ja manchmal, was das für Leute sind, die sich entschließen, dick ins Drogengeschäft einzusteigen. Also nicht mit ein paar Gramm im Park dealen, sondern Tausende Kilo Haschisch schmuggeln und zur Durchsetzung ihres Geschäfts vor nichts zurückschrecken. Es sind Menschen wie Andrea M., inzwischen 50 Jahre alt, die einmal eine der größten Dealerinnen Wiens war. Die Journalistin und Autorin Magda Woitzuck hat Andreas Erzählungen aus der "Alten Garde", wie sich die Wiener Unterwelt selbst nennt, für den SWR zu 13 Episoden arrangiert, vom Ausbruch aus einem bürgerlichen, aber zerrütteten Elternhaus bis zu ihrer Verhaftung mit Ende 20. In diesem Jahr soll es in Wien kaum noch Hasch gegeben haben. Wenn Andrea im schönsten Dialekt erzählt, wie sie sich zum Beispiel als Teenagerin in Spanien mit einem zehn Jahre älteren Mann "ihre erste Koksnase reing'haut" hat oder von ihrem Liebhaber mit einer Pumpgun bedroht wurde, dann ist das nicht nur erschreckend, reißerisch und vielleicht ein wenig übertrieben. Man erfährt eben auch aus erster Hand, was das für Leute sind, die dick ins Drogengeschäft einsteigen. Nicolas Freund

Seehofers 69

ardaudiothek.de

Die internationalen Truppen verlassen Afghanistan, während die radikal-islamischen Taliban immer mehr Gebiete erobern. Wegen der zunehmenden Gewalt bittet die afghanische Regierung die europäischen Staaten um eine Abschiebepause. In Deutschland starten die Flüge weiterhin. Was erwartet die Abgeschobenen, nachdem sie in Kabul gelandet sind? Abdul, Ahmed, Basir, Nawid und Amir saßen im größten Abschiebeflug, der je gestartet ist: An Seehofers 69. Geburtstag im Juli 2018 schieben deutsche Behörden 69 Personen ab. In der vierteiligen Feature-Serie zeichnen Armin Ghassim und Annette Kammerer nach, wie es für Seehofers 69 weiterging. Sie erzählen von Jamal, der sich kurz nach der Landung erhängte. Sie sprechen mit Abdul, dessen Frau unter unwürdigsten Bedingungen im Camp Moria auf Lesbos ihr Kind bekommt. Mit Basir, der bei einer Freundin in Deutschland untertaucht. Und mit Nawid, der sich aus Panik die Arme zerschnitt, als die Polizei eintraf. Die Serie macht nicht nur die Verzweiflung derer sichtbar, die sich die Häme des Innenministers gefallen lassen mussten, sondern auch ihre Scham und Perspektivlosigkeit, die auf einen abgelehnten Asylbescheid folgen. Lena Reuters

Raus aus der Depression

ardaudiothek.de

Am Beginn dieses Podcasts steht ein Versprechen: Der Host Harald Schmidt sichert den Hörern zu, dass sie nicht bekommen werden, was sie sonst von ihm gewohnt sind. Keine Bissigkeiten also, keinen Zynismus, schon gar keinen Hohn. Harald Schmidt, der kluge Entertainer und pointierte Late-Night-Talker außer Dienst, ist Schirmherr der Stiftung Deutsche Depressionshilfe. Und er führt in diesem Podcast, den die Stiftung gemeinsam mit dem NDR produziert, die Gespräche so gewissenhaft, wie es dem Thema angemessen ist. Fünf von Depression Betroffene äußern sich über ihre Krankheit, darunter der Journalist Benjamin Maack, die Bestseller-Autorin Jasmin Schreiber und der Unternehmensberater Walter Kohl, Sohn des Ex-Kanzlers. Harald Schmidt hält Wort und zeigt Empathie. Denn das Ziel des Podcasts ist es, zur Enttabuisierung dieser Krankheit beizutragen und Erkrankten sowie ihrem Umfeld konkrete Hilfestellungen zu geben. Stefan Fischer

sz.de/podcast-tipps

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