Hörspiel "Der Untergang der Stadt Passau":Blauweiße Apokalypse

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Weltendeuter: Stephan Zinner spielt eine Hauptrolle im Hörspiel "Der Untergang der Stadt Passau".

(Foto: Spöttel Picture/Imago)

Der BR inszeniert Carl Amerys Roman über die Zerstörung Passaus als Hörspiel mit kongenialer Struktur

Von Stefan Fischer

Es ist nicht mehr viel los in Rosenheim. Kaum Menschen, und die sitzen im Dunklen, sobald es Nacht wird. Wollen sie fort, so reiten sie. Wenn sie denn ein Pferd haben. So ungefähr kann man sich das Mittelalter vorstellen. Es ist eigentlich längst vergangen. Doch in Carl Amerys Roman "Der Untergang der Stadt Passau", erschienen Mitte der Siebzigerjahre, brauchen die Menschen nur einige wenige Jahrzehnte, um ihre Zivilisation wieder auf den Stand des Mittelalters zurückzuwerfen.

In Passau immerhin gibt es noch Strom, gibt es Lichter. Aber niemanden mehr, der die Infrastruktur warten kann. Und doch haben sie große Pläne in der Stadt, in die ein Vater, gespielt von Stephan Zinner, und sein Sohn aus Rosenheim aufbrechen, auf der Suche nach einem besseren Leben.

Im Keim jeder potenziellen Entwicklung steckt der Größenwahn

Die Menschheit hat sich selbst radikal dezimiert; und sie steht nun vor der Frage, wie es weitergehen soll: Soll sie wieder leben wie im Mittelalter oder soll sie sich neuerlich technologisieren, jedenfalls an ausgewählten Orten wie eben Passau. Dort hält man sich für etwas Besseres, und so steckt im Keim jeder potenziellen Entwicklung der Größenwahn. Wie andererseits diejenigen, die einer komplett vorindustriellen Lebensweise den Vorzug geben, geprägt sind von ihrer Verzagtheit, von dem Mangel an Aufbruchsgeist - dabei will auch ein analoges Leben gestaltet sein.

Das zweiteilige Hörspiel, inszeniert von Bernadette Sonnenbichler, macht sich die Ziellosigkeit seiner Figuren zu eigen, indem es selbst durch die selbst geschaffene Szenerie mäandert, ohne klare Richtung, vermeintlich nicht zielstrebig. Aber nicht aus einer Beliebigkeit oder Unentschiedenheit heraus, sondern um mittels der eigenen Struktur diese Geschichte abzubilden.

Bestes Beispiel ist der Vater, der seinem Sohn auf sehr patriarchale und selbstgefällige Weise die Welt erklärt, die er selbst nicht versteht. Hier wird diese Dystopie spannend. Steht doch auch die reale Menschheit an einem Punkt, an dem es immer schwieriger wird, die stetig komplexer werdenden Zusammenhänge zu verstehen. In dem Hörspiel führen diejenigen das große Wort, die vorgeben, die einfachen Lösungen zu haben.

Der Untergang der Stadt Passau, Bayern 2, zweiter Teil: 24. Juli, 15.05 Uhr. Teil 1: ARD Audiothek.

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