Streit über Nordirland:London will Brexit-Abkommen wieder aufschnüren

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Eine Demonstrantin hält ein Schild in die Höhe, in dem sie den Brexit für alle fordert. (Archivfoto) (Foto: Jason Cairnduff/Reuters)

In der anhaltenden Debatte über das Nordirland-Protokoll fordert der Brexit-Beauftragte der britischen Regierung "erhebliche Änderungen". Die bisherigen Regeln seien ungeeignet, den Frieden in der ehemaligen Konfliktregion zu sichern.

Der Streit zwischen der britische Regierung und der EU über die Brexit-Regeln für Nordirland geht in die nächste Runde. Nun fordert London "erhebliche Änderungen" an den im Brexit-Abkommen als Nordirland-Protokoll festgehaltenen Regeln. "Wir glauben, dass diese Änderungen in der Situation, in der wir uns gerade befinden, notwendig sind", sagte der Brexit-Beauftragte David Frost am Mittwoch im Londoner Oberhaus.

Hintergrund des Streits sind die im Abkommen festgeschriebenen Regeln für Nordirland. Nach diesen unterliegt Nordirland weiterhin den Regeln des EU-Binnenmarkts. So soll verhindert werden, dass zwischen der britischen Provinz und der Republik Irland, die der EU angehört, Warenkontrollen durchgeführt werden müssen. Diese Regel hat aber zur Folge, dass Lieferungen von England, Wales oder Schottland nach Nordirland kontrolliert werden müssen.

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Sollten wieder Warenkontrollen eingeführt werden, wird befürchtet, dass der Nordirlandkonflikt wieder aufflammen könnte. Die mehrheitlich katholischen Befürworter einer Vereinigung mit Irland bestehen auf einer offenen Grenze zu dem Nachbarn. Dass der Handel mit den anderen Landesteilen durch das Protokoll erschwert wird, löst wiederum vor allem bei den überwiegend protestantischen Anhängern der Union mit Großbritannien Spannungen aus.

Die bisherigen Regelungen seien nicht geeignet, den Frieden in der ehemaligen Konfliktregion zu sichern, sagte Frost. "Während wir versucht haben, das Protokoll umzusetzen, ist klar geworden, dass seine Lasten zur Quelle von erheblicher und andauernder Beeinträchtigung für Leben und Lebensunterhalt geworden sind." Daher müsse nun ein neues Gleichgewicht geschaffen werden, das den Handel mit Waren zwischen Großbritannien und Nordirland erleichtere.

Auch sollten EU-Institutionen wie der Europäische Gerichtshof keine Rolle mehr bei der Überwachung der Einhaltung des Abkommens spielen. Frost schlug der EU eine sogenannte "Periode des Stillstands" vor, in der bislang geltende Übergangsfristen verlängert und rechtliche Streitigkeiten pausiert werden sollten.

Die EU-Kommission ihrerseits hat der britischen Forderung nach einer Neuverhandlung des Nordirland-Protokolls eine Absage erteilt. Man sei aber bereit, "kreative Lösungen" im Rahmen des Protokolls zu suchen, teilte EU-Vizekommissionspräsident Maroš Šefčovič mit.

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