Vorschau:Herbst voller Hoffnung

Das Münchner Residenztheater stellt das Programm der kommenden Saison vor: eine Mischung wie guter Tee.

Von Egbert Tholl, München

Andreas Beck, Intendant des Residenztheaters, will gar nichts mehr zur zu Ende gehenden Spielzeit sagen. Und sagt dann doch was. Man habe zumindest im großen Haus den Spielplan ganz gut erhalten können, und doch sei die kommende Saison, würde man von Tee sprechen, ein Blend. Also eine Mischung aus echten, ganz frischen Premieren (insgesamt neun) und aus elf Produktionen, die man (in Ausschnitten) digital sehen konnte oder die ganz kurz mal irgendwo aufgeschienen sind oder jetzt noch irgendwie in Neuform erdacht werden.

Liest man die Liste der Ankündigungen, kommt einem tatsächlich einiges bekannt vor, ohne dass man es je gesehen hätte. Für Beck sei die Produktion "Das Vermächtnis" schon vom Titel her programmatisch für die Saison - im Januar 2022 inszeniert Philipp Stölzl das Stück von Matthew Lopez, das eine Reise vom Londoner Young Vic über das Westend und den Broadway hinter sich hat und das man, vage vor der Folie von "Howard's End" positioniert, auch als Weiterschreibung der "Engel in Amerika" begreifen könne.

Mit dieser Arbeit, den "Engeln", einem fulminanten Epos über den Ausbruch des HIV-Virus, vor Jahren in Basel herausgekommen und seit langem für München angekündigt, beschließt Simon Stone die Spielzeit. Der Regisseur eröffnet sie auch am 19. September unter dem Titel "Unsere Zeit", ein von ihm selbst erstelltes Panoptikum von Figuren Ödön von Horváths, das an einer Tankstelle in München im Jahr 2015 beginnt und im Heute endet.

Man plane für den Herbst voller Hoffnung, so Beck. Das heißt, 500 Zuschauer im Resi, 100 im Marstall, 200 im Cuvilliéstheater, im November sollen die Abos zurückkehren können. Auf die Frage zu den Finanzen - vor dem Hintergrund, dass den städtischen Kammerspielen eklatante Kürzungen ins Haus stehen - meint Beck, "da wissen wir nix", aber es gebe die Aussage, man solle sich keine Gedanken machen. Gedanken machte sich indes Julia Hölscher, bislang Hausregisseurin am Resi; sie wendet sich der Hochschule zu, wird offenbar Professorin. Wo? Dazu macht sich Beck keine Gedanken.

Bei der Pressekonferenz kann man die Installation von Louis Panizza besuchen, die von September an im Marstall und im Resi-Foyer zu sehen ist. Lebensgroße Aufsteller des Ensembles, der Besucher mittendrin, umgeben von beeindruckender Lebendigkeit. Auf Ähnliches zielt das Programmbuch, das mit dem Bildmaterial einer Videoinstallation von Jonas Alsleben und Thom Luz das Ensemble feiert. Luz selbst macht dann noch vielversprechende Sachen, entdeckt bei Aristophanes "knusprige Gegenwartsnähe" ("Die Wolken, die Vögel, der Reichtum") und forscht an "kammermetereologischen Vorgängen".

Weitere Höhepunkte: die Holocaust-Familientrilogie "Die Träume der Abwesenden" von Judith Herzberg (Regie: Stephan Kimmig), die "Kopenhagen-Trilogie" von Tove Ditlevsen, inszeniert von der Schwedin There Willstedt, eine Hamsun-Trilogie (Kimmig), zwei Mal Kroetz, ein Mal Ringsgwandl.

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