Sommerspiele 2032:Der kontrollierte Zufall

Sommerspiele 2032: Alte Buddys in der olympischen Welt: der deutsche IOC-Präsident Thomas Bach (rechts) und der Australier John Coates, dazwischen Annastacia Palaszczuk, die Premierministerin von Queensland.

Alte Buddys in der olympischen Welt: der deutsche IOC-Präsident Thomas Bach (rechts) und der Australier John Coates, dazwischen Annastacia Palaszczuk, die Premierministerin von Queensland.

(Foto: Toru Hanai/AFP)

Auch die Kür von Brisbane zum Ausrichter 2032 belegt, dass in der olympischen Welt nur eines zählt: die Interessen des deutschen IOC-Herrschers Thomas Bach.

Von Thomas Kistner

Und der Sieger ist: im Hinterzimmer längst ausgekartelt. Schon bizarr, wie das Internationale Olympische Komitee bei seinem Parteitag in Tokio den fest verbrieften Veranstalter der Sommerspiele 2032 noch einmal ausrief. Brisbane stand seit Monaten fest, zumindest die Peinlichkeit einer Wahl-Simulation darf das IOC der Welt ersparen. Die Brisbane-Show war ja alles, nur keine Wahl - genau das ist die "new norm", die neue Normalität in der Ringe-Welt.

Weil immer weniger Bewerber aus dem Westen antreten und sogar eine Phase dreier Fernost-Spiele (Südkorea 2018, Japan 2020/21, China 2022) entstand, wurden die nächstbesten Kandidaten, Paris und Los Angeles, sofort auf die Sommer-Events 2024 und 2028 verteilt. Als es für 2032 erneut so mau aussah, dass mit politischer Motivationshilfe des deutschen IOC-Bosses Thomas Bach sogar eine Rhein-Ruhr-Bewerbung ausgeheckt werden musste, fand der Sportkonzern einen Dreh aus der Not: Schluss mit der Bettelei um westliche Länder, die ständig vor Bürger-Referenden einknicken, Schluss mit Schlagzeilen über Korruption bei der Vergabe - das IOC sucht sich die Spiele-Orte einfach selber aus. Genauer: der große Vorsitzende Bach und sein Vorstand.

Rhein-Ruhr schaute dann in die Röhre, das IOC schob Brisbane an. Und gewiss ist es wieder nur ein olympischer Geschäftszufall, dass der deutsche IOC-Herrscher diesen Coup in enger Kooperation mit seinem Getreuesten im Olymp landete: John Coates, IOC-Mann mit einschlägiger Vergangenheit. Als Sydney 2000 den Zuschlag bekam, lockte er am Vorabend die IOC-Mitglieder Kenias und Ugandas mit je 35 000 Dollar Sport-Entwicklungshilfe: klar, falls Sydney siegt.

Na und? Coates hat es ganz nach oben geschafft, der alte Stimmen-Makler ist Bachs Stellvertreter und seit 2010 Präsident des obersten Sportgerichtshofs Cas - eine Einrichtung, die Bach mit erschaffen hat. Nur in Australien strahlt Coates' Stern nicht so hell. Gerade wird sein Rücktritt verlangt, nach einem arg chauvinistischen Auftritt in Tokio gegenüber Annastacia Palaszczuk. Er hatte die Premierministerin von Queensland angeherrscht, gefälligst zur Eröffnungsfeier zu gehen.

Natürlich befehligt Coates auch Australiens Olympia-Team. Das musste in Tokio den Eisbrecher spielen. Just die Abgesandten eines der härtesten Lockdown-Länder weltweit reisten als Erste an; natürlich haben sie auch als Erste gespielt.

Das ist die neue Norm der Ringe-Welt, ihr wahrer Zweck ist: Kontrolle. Wenn das IOC seine "Zielgespräche" mit genehmen Kandidaten führt, kann es gleich viel Ärger beiseite räumen. Wie man Bürger-Revolten vermeidet, und wie man angeblich schwer nachhaltige Projekte aufzieht. Womöglich ist es ja kein Zufall, dass Brisbanes Bewerbung keine expliziten Infrastruktur-Kosten auswies. Diese Arbeiten, heißt es, würden auch ohne die Spiele umgesetzt werden. Aber behaupten darf man alles, und so lassen sich branchentypische Befürchtungen weg argumentieren: dass auch in Brisbane, das halt leider sehr, sehr weit weg ist von der großen Sportwelt, nach Olympia weiße Elefanten herumstehen; verwaiste Sportstätten wie in Athen oder Rio. Aber wer weiß schon, was später mal ist? Bis Nachhaltigkeit überprüft werden kann, ist die IOC-Karawane längst weitergezogen.

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