Münchner Momente:Bis die Polizei kommt

Es ist ja nicht so, dass Münchens Ordnungshüter derzeit unterbeschäftigt wären. Doch nun müssen sie auch noch die Ufer bewachen - als Kämpfer gegen virusbedingte Torheit

Kolumne von Karl Forster

Es ist ja nicht so, dass Münchens Polizisten derzeit unterbeschäftigt wären. Da ist zum einen die Umkehrung der Verkehrssituation im Vergleich zum Start des Corona-Zeitalters, als die Straßen der Stadt gespenstisch leer waren. Jetzt ist wieder fröhliches Stehen im Stau angesagt, weil viele lieber maskenlos am Steuer sitzen, anstatt ordentlich maskiert in der U-Bahn. Viel Verkehr ist gleich viel Arbeit für die Polizei.

Und da sind, zum anderen, die clublosen Feierwahnsinnigen nachts auf der Walz, um ihre Alkoholaufnahmekapazitäten zu checken, was in der Folge für die Polizei bedeutet, neben der Berufung als Freund und Helfer auch der des Dompteurs wild gewordener Pubertiere nachkommen zu müssen, was sicher kein Spaß ist.

Nun hatte die Isar auch noch Hochwasser. Nicht schlimm, nicht annähernd so katastrophal wie in der Eifel, aber zur Flutung des Flauchers reichte es immerhin. Und es reichte auch dafür, dass mancher Münchner zeigen wollte, wie sehr der Lockdown seiner Vernunft zugesetzt hat, dass er sich gar in die wilden braunen Fluten stürzte zur Abkühlung der sommerlichen Hitze - und zur Feier wieder gewonnener Freiheit. Nun haben ja schon die alten Römer die Isar treffend als "rapidus", als "reißend" also, bezeichnet. Auch ohne "aquae altae", also Hochwasser. Aber nach dem jüngsten Anstieg mussten, wie zu beobachten war, doch tatsächlich Polizisten und Polizistinnen am Ufer Wache stehen, um solche Corona-Verwirrte vom Sprung ins tobende Nass abzuhalten.

Manchmal rutscht einem da schon der Gedanke an Charles Darwins Theorie der natürlichen Auslese in den Fokus. Aber das darf man natürlich nicht. Man muss halt auch solche Wirrnis aushalten. Und es stellt sich die Frage, ob es nicht auch ein gewisser Grad von (hoffentlich) postcoronarem Wahnwitz ist, auf dem mittleren Ring stehend die Luft vollzustinken oder sich auf dem Gärtnerplatz volllaufen zu lassen. Bis die Polizei kommt, Freund, Helfer und nun auch Kämpfer gegen virusbedingte Torheit.

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