Schulen und Coronavirus:Reine Luft in Klassenzimmern

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Der Landkreis will nicht warten, bis die Staatsregierung den Mehrwert von Luftreinigern bestätigt und beauftragt zur Prüfung nun selbst ein Planungsbüro

Von Jacqueline Lang, Dachau

Inhaltlich, das nahm Landrat Stefan Löwl (CSU) in der jüngsten Kreisausschusssitzung gleich vorweg, sei man immer noch nicht schlauer. Denn nach wie vor wisse man nicht, ob durch den Einsatz von Luftreinigern in Klassenzimmern ein Präsenzunterricht ohne Lüften, Masken und gar Wechsel- und Distanzunterricht den kompletten Winter über möglich sei. Trotzdem haben sich die Kreisrätinnen und Kreisräte einstimmig dafür ausgesprochen, nicht nur abwarten zu wollen, bis die Bayerische Staatsregierung mehr Klarheit schafft, sondern selbst tätig zu werden.

So stimmte das Gremium dafür, die bereits bestehenden RLT-Anlagen - kurz für raumlufttechnische Anlagen, also Lüftungssysteme - "in den Klassen- und Fachräumen der kreiseigenen Schulen im Hinblick auf die Höhe des Luftaustausches zu optimieren". Des weiteren soll die Verwaltung gemeinsam mit einem Fachbüro bei allen bisher nicht mit solchen Anlagen ausgestatteten Kreisschulen "den Bedarf und die Möglichkeiten für den Einbau einer RLT-Anlage prüfen". In allen Kreisschulen, die neu gebaut werden, wie etwa den beiden Gymnasien in Karlsfeld und Röhrmoos, sollen die Anlagen von vorne herein mit eingeplant werden. Zudem soll für die Klassenräume - mit Ausnahme der Fach- und sonstigen Räume -, die kurz- und mittelfristig nur über eine manuelle Lüftungsmöglichkeit verfügen, geprüft werden, ob die Beschaffung von mobilen Luftreinigergeräten "entsprechend den vorgenannten Förderrichtlinien einen Mehrwert zu bisherigen Maßnahmen zur Infektionsverhütung bedeutet - insbesondere (längere) Sicherstellung des Präsenzunterrichts im Vergleich zu nicht mit entsprechenden Geräten ausgestatteten Klassenräumen - und wie die Klassenräume hierzu konkret auszustatten sind". Auch die dadurch möglicherweise anfallenden Mehrkosten hat das Gremium bereits genehmigt, ebenso wie die Unterstützung der bereits überlasteten Verwaltung durch ein Planungsbüro, sofern nötig.

In einem Punkt wollten sich die Kreisrätinnen und Kreisräte am Freitag zum jetzigen Zeitpunkt jedoch noch nicht festlegen: In der Beschlussvorlage war die Ermächtigung des Landrats vorgesehen zur Beschaffung von mobilen Luftreinigern für den Fall, dass die Förderrichtlinien spezifiert werden sollten. Entscheiden hätten sich das Gremium demnach lediglich müssen, ob diese Luftreiniger dann für alle Klassenzimmer und alle Klassen oder nur für reguläre Klassenzimmer oder Kinder von der 1. bis 6. Klasse beschafft werden sollen und ob eine Förderung von 50 Prozent ausreichend sei oder mindestens eine Förderung von 80 Prozent nötig wäre. Bei allen Klassenzimmern und Fachräumen würden nach jetzigen Berechnungen 345 Geräte benötigt die bei Kosten von schätzungsweise rund 5000 Euro letztlich wohl 1,7 Millionen Euro kosten würden. Würde man lediglich die 1. bis 6. Klassen ausstatten sind lediglich 60 Geräte vonnöten. Preislich läge man dann bei rund 300 000 Euro. In beiden Fällen hinge die finale Summe, die auf den Landkreis entfällt, dann von der Förderung durch den Freistaat ab. Die CSU-Fraktion sagte, sie könne dem so nicht zustimmen. CSU-Fraktionssprecherin Stephanie Burgmaier schlug aus diesem Grund vor, diesen Punkt auszuklammern.

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Nachdem Marianne Klaffki daraufhin die Sorge äußerte, dieser so entscheidende Punkt könnte komplett vergessen werden, schlug Burgmaier vor, noch einmal zu einer Sondersitzung zusammenzukommen, sollte in dieser Sache noch in der Sommerpause eine Entscheidung fallen. Landrat Löwl, sagte, er rechne damit ohnehin nicht, aber solle dem so sein, werde man auch in den Sommerferien eine Lösung finden, um darüber zu beraten. Ansonsten werde man das Thema aber ganz regulär in der nächsten Kreisausschusssitzung am 1. Oktober noch einmal auf die Tagesordnung setzen.

Marese Hoffmann (Grüne) sagte, der Beschluss sei ein "guter Kompromiss", weil er eben nicht wie noch in der vergangenen Schul- und Kreisausschusssitzung suggeriere, dass sich die Schülerinnen und Schüler im Winter doch einfach warm anziehen könnten, wenn gelüftet werde. Ähnlich positiv äußerte sich auch Klaffki. Die Diskussion, die man jetzt führe, sei ein deutlicher Fortschritt zu denen der vergangenen Monate, zumal die Fördersituation ja weiterhin "sehr dynamisch" sei.

Auch Burgmaier sagte, diese Entscheidung sende ein schönes Signal. Denn, so Burgmaier: "Nichtstun ist keine Option." Fraktionskollege Stefan Kolbe und Bürgermeisterobmann indes sah das Ganze etwas kritischer: Er wünsche sich, so Kolbe, vor allem mehr finanzielle Unterstützung und zwar am besten eine Förderung von 100 Prozent seitens des Freistaats - schließlich sei offenbar bislang dieser allein vom Nutzen der Geräte gänzlich überzeugt.

© SZ vom 27.07.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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