Erster Shop in Altenthann:Emma-Laden ohne Emma

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Einkaufen ohne Ladenschluss im digitalen Dorf-Supermarkt

Der Bürgermeister der 1600-Einwohner-Gemeinde Altenthann freut sich schon auf den ersten rund um die Uhr geöffneten Supermarkt in Bayern. Heute ist der nächste Laden dort sieben Kilometer entfernt, "man braucht für jede Semmel ein Fahrzeug", sagt Harald Herrmann. Im Oktober soll "Emmas Tag- und Nachtmarkt" auf einer Wiese im Dorf stehen - dann können die Altenthanner ohne Ladenschluss einkaufen. Ohne Personal, die Kunden scannen ihren Einkauf und zahlen mit Karte. "Eigentlich freut sich jeder drauf", sagt der Bürgermeister.

Die Probleme von Altenthann im Landkreis Regensburg kennen viele kleine Gemeinden. Mancherorts halten sich kleine private Dorfläden, mitunter auch bürgerschaftlich organisiert, unter Regie der Caritas oder auch kommunal geführt. Für "eine bessere Versorgung des ländlichen Raums" hat die Staatsregierung jetzt die Ladenschlusszeiten für kleine Supermärkte mit bis zu 100 Quadratmeter Verkaufsfläche an Werktagen aufgehoben - sofern sie ohne Verkaufspersonal arbeiten.

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"Wir haben festgestellt, es läuft stabil", sagt Peter John, Geschäftsführer und Mitgründer von Emmas Tag- und Nachtmarkt GmbH in Erfurt. "Es passt auch betriebswirtschaftlich. Es ist super." Im Thüringer 1200-Einwohner-Dorf Altengottern haben sie vor gut einem Jahr den ersten digitalen Emma-Laden eröffnet. Obwohl Rewe- und Edeka-Märkte nur drei Kilometer entfernt seien und viele Pendler daran vorbeifahren, habe inzwischen jeder Haushalt mindestens eine Kundenkarte. "Großeinkäufe machen sie weiterhin woanders. Aber für den kleinen Einkauf müssen sie nicht noch mal mit dem Auto los." Im Mini-Supermarkt gibt es Obst, Gemüse, Drogerieartikel, "den örtlichen Bäcker, den Fleischer nehmen wir mit rein. Auch die Kartoffelbauern können ihre Produkte reinliefern", sagt John: "Sie können bei uns Regalfläche mieten." Diebstahl sei kein Problem: Für den Zugang braucht es eine Kundenkarte, Laden und Regale werden mit Kameras und Sensoren überwacht. Zwei Vorfälle seien rasch geklärt worden, sagt John.

Wolfgang Gröll, Berater im Netzwerk der Dorf- und Bürgerläden, kennt die digitalen Supermärkte der großen Filialisten in den Städten ebenso wie die auf dem Land. Weil trotzdem Personal gebraucht werde vom Auffüllen der Regale bis zum nächtlichen Wachdienst, würden kaum Personalkosten gespart. Die größten Gewinne machten Supermärkte mit dem Bedienbereich. "Die Kunden akzeptieren dort höhere Preise", dort seien sie weniger preissensibel als am SB-Regal, sagt Gröll. Starke Trends seien Regionalität und persönliche Ansprache. Dazu zähle auch das Café im Dorfladen als Treffpunkt. Der digitale 24/7-Supermarkt ist für ihn eher "eine Modeerscheinung heute, aber kein Trend".

Bernd Ohlmann vom Handelsverband Bayern ist ebenso skeptisch. Auf dem Land seien die Leute daran gewöhnt, mit dem Auto zum Supermarkt zu fahren. "Ein Tante-Emma-Laden hat auf dem Land enorme soziale Bindungsfunktion. Ob ein anonymer SB-Supermarkt das leisten kann?" Menschen, die nach 23 Uhr einkaufen wollten, gebe es sicher in der Großstadt. "Aber ob das auf dem Land so ist?"

© SZ vom 05.08.2021 / dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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