Pandemie:Stiko empfiehlt Corona-Impfung von zwölf Jahren an

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An den Schulen wollen sie Normalität zurück. Schülerimpfungen können da helfen. (Foto: Fabian Sommer/dpa)

Durch neue Daten aus den USA könne man mögliche Risiken besser bewerten, erklärt die Impfkommission.

Von Henrike Roßbach, Berlin

An den Schulen wollen sie Normalität zurück. Schülerimpfungen können da helfen. (Foto: Fabian Sommer/dpa)

Die Ständige Impfkommission (Stiko) hat sich nun doch dazu entschlossen, die Covid-Impfung für alle Kinder und Jugendlichen von zwölf Jahren an zu empfehlen. Auf Grundlage neuer Daten aus den USA mit nahezu zehn Millionen geimpften Kindern könnten mögliche Risiken jetzt "zuverlässiger quantifiziert und beurteilt werden", teilte die Stiko am Montag mit.

Zuvor hatte das Gremium die Impfung nur für Kinder empfohlen, die wegen einer Vorerkrankung ein erhöhtes Risiko für einen schwereren Covid-Verlauf haben oder in deren Umfeld gefährdete Personen leben, die selbst nicht geimpft werden können. Auch für Jugendliche, die aus beruflichen Gründen ein erhöhtes Ansteckungsrisiko haben, gab es eine Impfempfehlung. Begründet hatte die Stiko diese Haltung unter anderem damit, dass Kinder und Jugendliche nur ein geringes Risiko hätten, schwer an Covid zu erkranken. Gleichzeitig habe es zu wenige Daten zu seltenen Nebenwirkungen gegeben.

Nun kommt sie zwar zu dem Schluss, dass die "sehr seltenen", vor allem bei Jungen und jungen Männern im Zusammenhang mit der Impfung aufgetretenen Herzmuskelentzündungen als Impfnebenwirkungen gewertet werden müssen. Die Mehrzahl der Fälle sei aber bei entsprechender medizinischer Versorgung unkompliziert verlaufen; "Herzbeteiligungen" gebe es zudem auch bei Covid-Erkrankungen. Die Stiko verweist des Weiteren darauf, dass Kinder und Jugendliche durch die Delta-Variante in einer möglichen vierten Welle ein "deutlich höheres Risiko für eine Sars-CoV-2-Infektion" hätten. Deshalb komme sie zu der Einschätzung, "dass nach gegenwärtigem Wissensstand die Vorteile der Impfung gegenüber dem Risiko von sehr seltenen Impfnebenwirkungen überwiegen".

Der Druck auf das Gremium war gestiegen

Im Vorfeld dieser Entscheidung war der Druck auf die eigentlich unabhängige Stiko deutlich gestiegen. Mehrere Politiker im Bund und in den Ländern hatten sich nicht nur für eine Impfung von Kindern und Jugendlichen starkgemacht, sondern das Gremium teilweise auch aufgefordert, die Lage neu zu bewerten. Vor zwei Wochen beschlossen die Landesgesundheitsminister zudem, das Impfangebot für Zwölf- bis 17-Jährige auch auf die Impfzentren auszuweiten - trotz der damals noch fehlenden Impfempfehlung.

Entsprechend zufrieden zeigten sich die Kritiker am Montag. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) nannte die Stiko-Entscheidung eine gute Nachricht. Eltern und Jugendliche hätten damit "eine klare Empfehlung, sich für die Impfung zu entscheiden". Genügend Impfstoff sei da, wenn gewünscht, könne eine Impfung "noch diese Woche stattfinden". Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) schrieb auf Twitter: "Endlich: Die Stiko empfiehlt die Impfung für Schüler ab 12." Für den Schulstart sei das wichtig, allerdings hätte man das schon früher haben können. "Leider haben wir viel Zeit verloren. Umso schneller sollte jetzt das Impfangebot erfolgen."

SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach, der der Stiko kürzlich noch eine "Außenseiterposition" in Sachen Kinderimpfung attestiert hatte, begrüßte die neue Empfehlung ebenfalls "ausdrücklich". Der Süddeutschen Zeitung sagte er: "Wir können dankbar sein, dass wir ein unabhängiges Gremium wie die Stiko haben." Obwohl er schon länger die Meinung vertreten habe, dass die Zwölf- bis 17-Jährigen geimpft werden sollten, habe er "auch Respekt vor den Gegenargumenten" der Stiko gehabt. Die jetzige Entscheidung sei "aus der Perspektive der einzelnen Kinder getroffen worden", das halte er für richtig. Kinder dürften nicht "Instrumente zur Herstellung der Herdenimmunität" werden, so Lauterbach. Denn eine solche Herdenimmunität könne es mit der Delta-Variante nicht geben, "selbst dann, wenn die Kinder geimpft sind".

Regierungssprecher Steffen Seibert nannte den Schwenk der Stiko einen "weiteren Schritt zur Bekämpfung des Virus". Es bleibe aber dabei, "dass es keinen Impfzwang gibt und dass Impfen nicht Bedingung für den Schulbesuch ist". Ähnlich äußerte sich Bundesfamilienministerin Christine Lambrecht (SPD). Die Impfung ebne den Weg aus der Pandemie, dürfe aber nicht "zur Voraussetzung für den Schulbesuch gemacht werden".

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