Finanzaufsicht:Bafin legt sich mit N26 an

Valentin Stalf N26 Chef im Gespräch mehr Gespräch war nicht möglich doris in den Räumen der Fi

Der N26-Gründer Valentin Stalf hat Ärger mit der Finanzaufsicht Bafin.

(Foto: Doris Spiekermann-Klaas /imago images / tagesspiegel)

Die Smartphone-Bank N26 bekommt ihre Probleme mit Geldwäscheprävention und betrügerisch genutzten Konten nicht in den Griff. Die Finanzaufsicht Bafin verliert nun offenbar die Geduld.

Von Jan Diesteldorf, Frankfurt

Eine der größten Hoffnungen der deutschen Wirtschaft sitzt in Berlin-Mitte, in einem Hinterhof unweit der Jannowitzbrücke: die Smartphone-Bank N26, digitale Vorzeigefirma und ein Beweis dafür, dass man sich im 21. Jahrhundert das Bankgeschäft noch einmal neu ausdenken kann. Im Aufgebot deutscher Start-ups hat sie schon länger eine herausgehobene Position, und jetzt, wo das Unternehmen nicht mehr ganz so jung ist, greifen die Gründer nach den Sternen. Eine Bewertung von mehr als zehn Milliarden Euro scheint mit der gerade laufenden neuen Finanzierungsrunde möglich geworden, und im Gefüge europäischer Neo-Banken will N26 das Tempo vorgeben. Selbst die Commerzbank, Deutschlands zweigrößtes privates Geldhaus und ein Ex-Dax-Konzern, bringt nur noch 6,4 Milliarden Euro Börsenwert auf die Waage.

Dabei scheint es, als hätte man bei N26 vor lauter Ambitionen manche Pflichten vernachlässigt, die das Bankgeschäft mit sich bringt. Und zwar so lange, bis die Finanzaufsicht Bafin die Geduld verloren hat. Denn neuerdings drohen die Aufseher wegen Mängeln in der Geschäftsorganisation damit, N26 das Neugeschäft zu limitieren. Einem Bericht des Handelsblatts zufolge könnte das Beschränkungen bei der Aufnahme neuer Kunden bedeuten und Auflagen für die weitere Expansion im Ausland. Solche Maßnahmen darf die Bafin laut Kreditwesengesetz dann ergreifen, wenn ein Institut "nicht über eine ordnungsgemäße Geschäftsorganisation" verfügt.

Zu viel Start-up, zu wenig Bank

Mit anderen Worten: Offenbar ist N26 aus Sicht der Behörde noch immer zu viel Start-up und zu wenig Bank. Der Streit mit der Bafin geht mit dieser neuen Eskalationsstufe schon nach kurzer Zeit in eine neue Runde. Erst im Mai schickte die Behörde der Smartphone-Bank einen Sonderbeauftragten für die Geldwäscheprävention ins Haus. Bereits 2019 hatte die Bafin nach einer Sonderprüfung der Bank erhebliche Mängel moniert: unter anderem bei der Geldwäscheprävention, der Regeltreue (Compliance) und in der IT. Zu den neuerlichen Vorwürfen wollte sich ein Bafin-Sprecher am Freitag unter Verweis auf Verschwiegenheitspflichten nicht äußern.

Vor Jahren schon gehörte N26 zu jenen Instituten, deren Konten überproportional im Zusammenhang mit betrügerischen Online-Shops benutzt wurden. Dabei missbrauchen Kriminelle die von getäuschten Dritten - oder mit gefälschten Dokumenten - eröffneten Konten und kassieren Geld für online angebotene, in Wahrheit aber nie verschickte Ware. Zuletzt häuften sich die Berichte über Probleme von N26 mit diesen sogenannten Fake-Shops wieder. "N26 verpflichtet sich, alle genannten Anordnungspunkte umzusetzen", hatte die Bank nach der Anordnung der Bafin im Mai einmal mehr versprochen. Die Schwächen hielten aber offenbar an.

Am Donnerstagsabend reagierte N26 mit einer ähnlich gefügig klingenden Pressemitteilung, stellte unter anderem einen neuen Risikochef vor und benannte einen Geldwäschebeauftragten. Zu den Aufsichtsbehörden pflege man eine "offene und konstruktive Beziehung", heißt es darin. Man wolle sich nun unter anderem auf vier Bereiche konzentrieren: eine intensivierte Zusammenarbeit mit den Aufsichtsbehörden, eine "Stärkung der Governance-, Risiko- und Compliance-Funktionen" sowie den "Kampf gegen Finanzkriminalität" - also auf die ganze Bandbreite dessen, was die Bafin wiederholt bei dem Institut angemahnt hat. Auf Anfrage teilte N26 am Freitag lediglich mit, man arbeite eng mit den Behörden und dem Sonderbeauftragten zusammen. "Einzelheiten zu unserer Zusammenarbeit mit den Aufsichtsbehörden können wir nicht kommentieren", sagte ein Sprecher.

N26-Konten als Ware im Darknet

Die Probleme mit sogenannten Fake-Shops und betrügerisch genutzten Konten gesteht das Unternehmen dagegen offen ein. Im gesamten Banken- und Fintechbereich hätten Online-Betrug und Fälle von Finanzkriminalität zugenommen, heißt es in der Stellungnahme der Bank: "Beschleunigt durch die Corona-Pandemie haben auch wir bei N26 eine Steigerung bei Betrugsfällen und betrügerischen Verhaltensweisen gesehen." Das Problem: Unter einem Vorwand locken Betrüger dabei ahnungslose Neukunden an und lassen sie in ihrem Auftrag ein Konto bei N26 eröffnen, angeblich zu Testzwecken. Die Kontoverbindungen werden dann gleich für Online-Abzockmethoden benutzt oder im Darknet, dem abgeschotteten Teil des Internets, wie eine Ware gehandelt - als sogenannte "Bankdrops" gibt es dort aktive Bankverbindungen zum Pauschalpreis. Und eine deutsche IBAN schafft Vertrauen bei gutgläubigen Kunden, die im Netz auf gefälschte Shops hereinfallen.

Die Bafin lässt es dagegen nicht auf Vertrauen ankommen, sie verschärft lieber die Kontrollen. Offenbar ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis die Behörde ihre Drohung in die Tat umsetzt und die Einschränkungen beim Neugeschäft anordnet. Der Zeitpunkt könnte aus Sicht der N26-Gründer Valentin Stalf und Maximilian Tayenthal kaum schlechter sein: Die Bewertung ihrer acht Jahre alten Bank hängt schließlich stark von der Fortsetzung ihrer Wachstumsgeschichte ab. Kommen auf Anordnung der Aufsicht weniger neue Kunden herein, bringt das womöglich die Kalkulation durcheinander - und damit könnte die angestrebte hohe Bewertung in Gefahr geraten. Inwiefern der Ärger mit der Finanzaufsicht N26 in der aktuellen Finanzierungsrunde belaste, dazu äußerte sich das Unternehmen nicht.

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