Verkehr in der Stadt:Überirdische Radwege für München

Verkehr in der Stadt: Popup-Radwege wie in der Gabelsbergerstraße sollen Abhilfe gegen gefährliche Verkehrssituationen bringen.

Popup-Radwege wie in der Gabelsbergerstraße sollen Abhilfe gegen gefährliche Verkehrssituationen bringen.

(Foto: Stephan Rumpf)

Ministerpräsident Söder kann sich "aufgeständerte Radwege" in München vorstellen und will bei der Finanzierung helfen. In anderen Städten existieren bereits Hochwege - und verhindern Konflikte mit Autofahrern.

Von Anna Hoben und Andreas Schubert

Ein Wahlkampf wäre kein richtiger Wahlkampf ohne Ankündigungen und vollmundige Versprechen. Ein solches hat Ministerpräsident Markus Söder (CSU) am Montag bei der Vorstellung des neuen "Deutschen Zentrums Mobilität der Zukunft" gemacht. In Richtung von Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) sagte er: "Vielleicht kann man auch ein, zwei aufgeständerte Radwege in München bauen. So könnten Radler ohne Konflikte mit Autos vorankommen." Das berichtete die Bild. Die Idee sei sogar mit einem finanziellen Angebot einhergegangen: "Ich bin zu jeder innovativen Schandtat bereit und auch bei der Finanzierung zu helfen."

OB Reiter reagierte erfreut: "Ich freue mich sehr über die gestrige Aussage des Ministerpräsidenten, dass sich die Staatsregierung bei der Finanzierung von innovativen Radwegen in München beteiligen will", teilte er am Dienstag auf Anfrage mit. "Deshalb habe ich mein Fachreferat gleich heute gebeten zu klären, wo wir uns beispielsweise aufgeständerte Radwege vorstellen können und der bayerischen Verkehrsministerin entsprechende Vorschläge zu übermitteln. Ich bin sehr gespannt auf die Antwort."

Aus dem Mobilitätsreferat hieß es, die Stadt prüfe das Thema, ein Ergebnis liege noch nicht vor.

Radhochwege gibt es zum Beispiel in Kopenhagen

Hovenring eine Art Kreisverkehr Brücke für Zweiräder und Fußgänger über einer verkehrsstarken Stra

Wie ein schwebender Kreisverkehr wirkt der Radweg über dieser Kreuzung in Eindhoven.

(Foto: Jochen Tack/Imago)

Was für den Autoverkehr seit Jahrzehnten verkehrstechnischer Standard ist, gilt im Radverkehr als Innovation: eine Route, die sich über schwieriges Gebiet erhebt und damit Sicherheit und Komfort für die Nutzer erhöht. Radhochwege gibt es zum Beispiel in Kopenhagen, die Stadt gilt als Vorreiterin in Sachen Radverkehr, oder im chinesischen Xiamen: Dort können Radler seit 2017 auf 7,6 Kilometern erhöht durch die Stadt fahren. In Eindhoven (Niederlande) findet sich eine Art schwebender Kreisverkehr für Radfahrer.

Ähnliche Ideen hat es auch in München schon gegeben. Ende 2019 schlug die CSU-Fraktion im Stadtrat vor, wegen Platzmangels in der Lindwurmstraße in die Höhe zu bauen. Eine "Hochstraße" für Fahrräder solle wichtige Verkehrsknotenpunkte verknüpfen, über Schleusen und Rampen zu erreichen sein und könne auch weitgehend überdacht sein, um die Radler vor Regen und Hitze zu schützen. Der Vorschlag wurde damals abgelehnt. Trotzdem warb die CSU-Oberbürgermeisterkandidatin Kristina Frank im Wahlkampf 2020 noch einmal für die Idee, mit dem Argument, man müsse "dreidimensional denken" und die Stadt habe jede Fläche nur einmal zu vergeben.

Dass nun wieder das Thema ausgerechnet vom CSU-Ministerpräsidenten Söder aufs Tapet gebracht wird, überrascht nicht. Seine Partei wehrt sich in München wacker gegen den aus ihrer Sicht allzu großzügigen Ausbau der Radrouten, die vor allem zu Lasten des Autoverkehrs gehen, indem Spuren gesperrt und Parkplätze abgeschafft werden, um Platz zu schaffen. Denn bisher beschränken sich die Planungen für neue Radwege auf den Boden. Diese gehen vornehmlich auf das Bürgerbegehren Radentscheid zurück, dessen Ziele der Stadtrat - übrigens auch mit den Stimmen der CSU - übernommen hat. Inzwischen sind mehrere Maßnahmenpakete auf den Weg gebracht worden. Aktuell plant das Mobilitätsreferat auf rund 40 Straßen beidseitig neue, breitere oder besser markierte Radwege. Auch der Altstadt-Radlring wird bereits gebaut, was unter anderem in der Blumenstraße sichtbar ist.

Während die CSU viele Pläne im Stadtrat ablehnt, geht es vielen Rad-Aktivisten bei der Umsetzung des Radentscheids nicht schnell genug. Dass die neuen Radwege nicht von heute auf morgen kommen, liegt auch an der notwendigen umfassenden Planung in der platzmäßig stark eingeschränkten Stadt und daran, dass die Verwaltung bei jeder Maßnahme die Bürger und Geschäftsleute beteiligen will. Wie lange dann wohl die Planungen für einen Hoch-Radweg dauern würden, lässt vielleicht die Idee von einer urbanen Seilbahn erahnen. Für diese läuft seit 2019 erst einmal eine Machbarkeitsstudie.

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