Ottobahn entlang der A8:Verkehrswende in der Schwebe

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Die Westallianz spricht sich klar für eine Ottobahn entlang der A8 aus, um in Zukunft eine echte Alternative zum Auto bieten zu können. Eine zusätzliche S-Bahn-Linie, die immer wieder im Gespräch ist, hält das Bündnis für unrealistisch

Von Horst Kramer, Sulzemoos

Die Westallianz, ein Zusammenschluss von sieben Gemeinden aus den Landkreisen Dachau und Fürstenfeldbruck, kann sich eine "Ottobahn" entlang der A8 vorstellen. Das neuartige Verkehrssystem mit Gondeln an Schienen könnte nach Ansicht des kommunalen Bündnisses zum Pilotprojekt taugen und damit helfen, den Verkehrskollaps im Landkreis zu vermeiden. Zumal die Planung einer zusätzlichen S-Bahn-Linie parallel zur Autobahn, die immer wieder Thema von Debatten in politischen Gremien ist, Jahrzehnte in Anspruch nehmen würde und die Realisierung ungewiss ist.

"Wir brauchen neue Mobilitätskonzepte", sagt daher Johannes Kneidl (CSU), Bürgermeister der A8-Gemeinde Sulzemoos und Chef der Westallianz. Er hat mit einer Westallianz-Delegation das Unternehmen in Taufkirchen besucht, das die Ottobahn baut und sich erst 2019 gründete. Die Gondeln sollen Personen auf einer Höhe von fünf bis zehn Metern zu ihren Zielen transportieren. Nicht nach einem festen Fahrplan, sondern auf Anforderung per App. Die Kabinen fassen bis zu sechs Menschen, könnten aber auch individuell gebucht werden, so Kneidl. Im vergangenen Jahr diskutierte man im Kreistag über ein Seilbahnsystem zwischen München und Dachau, auch die Ottobahn war schon ein Thema.

Kneidl sieht die problematische Verkehrssituation der Gemeinden entlang der Autobahn. Eine neue S-Bahnlinie hält er wegen der topografischen Gegebenheiten problematisch. Er verweist auf die Höhenunterschiede zwischen dem Bergkirchener Moos, dem Fuchsberg bei Palsweis nördlich der Autobahn und dem Sulzemooser Gewerbegebiet direkt an der A8. Die Höhendifferenz zwischen dem Bergkirchner Moos (494 Meter über dem Meeresspiegel) und dem Fuchsberg beträgt rund 30 Meter auf einer Länge von etwas mehr als einem Kilometer. "Für eine S-Bahn kaum zu bewältigen", so Kneidl. Außer mit massiven Erdarbeiten, die wegen der angrenzenden Naturschutzgebiete vermutlich nicht umzusetzen seien. Vom Fuchsberg nach Sulzemoos geht es wiederum 25 Höhenmeter bergab. "Ein auf Stelzen gestütztes System, das oberhalb der A8 verläuft, könnte diese Differenzen leichter ausgleichen", vermutet Kneidl.

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Der Egenburger Verkehrsexperte und frühere ADAC-Sprecher Klaus Reindl hatte vor drei Jahren ein ähnliches Konzept für die Strecke im Auge: eine Magnetschwebebahn der Firmengruppe Max Bögl. Im Juli reiste eine Bürgermeister-Delegation zum Bögl-Standort im oberpfälzischen Sengenthal. "Sehr interessant", befand Altomünsters Bürgermeister Michael Reiter (FWG) damals. Auch Landrat Stefan Löwl (CSU) war angetan, verwies aber auf laufende Studien. Kneidl kennt das Bögl-Bahn-Konzept ebenfalls. Doch an der Ottobahn fasziniert ihn unter anderem auch die Flexibilität. "Wenn eine Person zu einem bestimmten Zeitpunkt von Pasing nach Odelzhausen fahren will, dann ist genau nur eine Kabine unterwegs", erklärt er. Und nicht ein großer Bus, ein ganzer S-Bahn-Zug oder eine Bögl-Bahn, die alle nach einem Fahrplan getaktet und außerhalb der morgendlichen und abendlichen Stoßzeiten halb leer seien. Der Westallianz-Chef stellt sich Verzweigungen von der Hauptstrecke an der Autobahn in die einzelnen Ortschaften vor, zumindest in die größeren. "Dann wäre das System eine echte Alternative zum motorisierten Individualverkehr", so Kneidl.

Die Westallianz sieht mehrere Bausteine, damit der zunehmende Verkehr im Landkreis in Zukunft nicht kollabiert. Das Bündnis forciert derzeit den Ausbau des Radwegenetzes und hat dabei Routen sowohl zwischen den Westallianz-Kommunen als auch zu den umliegenden Gemeinden im Blick. Der Sulzemooser Bürgermeister Kneidl selber hat ein entsprechendes Vorhaben mit Erdweg und Schwabhausen angestoßen. Kneidl wünscht sich zudem einen Radschnellweg entlang der A8. Ob sich dessen Planung mit der Konzeption einer Ottobahn-Trasse verbinden lässt, weiß Kneidl nicht.

Derzeit kann man die Ottobahn nur auf dem Gelände des Herstellers in Taufkirchen besichtigen. Doch noch in diesem Jahr soll mit dem Bau einer rund 900 Meter langen Teststrecke begonnen werden. "Die hätten wir natürlich gerne auf dem Gebiet der Westallianz gehabt", sagt Kneidl. Dass sie stattdessen in der Nähe des Firmenstandorts in Taufkirchen im Landkreis München entsteht, dafür hat der Sulzemooser vollstes Verständnis. Zumal die bayerische Verkehrsministerin Kerstin Schreyer (CSU) die Stimmkreisabgeordnete des Landkreises im Maximilianeum ist.

© SZ vom 02.09.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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