Österreich in der WM-Qualfikation:Blamage auf dem Silbertablett

WM-Quali 2021: Israels Spieler feiern ein Tor gegen Österreich

Israels Spieler feiern das 5:2 - sehr zum Leidwesen von Österreichs Torwart Daniel Bachmann.

(Foto: Jack Guez/AFP)

Österreich verliert hoch gegen ein israelisches Team, das von einem Österreicher gecoacht wird. Das 2:5 gefährdet die WM-Teilnahme - und schadet dem deutschen Trainer Foda.

Von Ulrich Hartmann

Kurz vor dem Spiel hätte der israelische Nationaltrainer Willibald "Willy" Ruttensteiner nach eigenem Bekunden beinahe gedankenlos die österreichische Nationalhymne mitgesummt. Sie ist dem 57-Jährigen Oberösterreicher bestens vertraut, er war auch jahrelang Sportdirektor des Österreichischen Fußball-Bundes (ÖFB). "Aber ich musste natürlich objektiv bleiben und meine Emotionen kontrollieren", witzelte Ruttensteiner nach dem Spiel. Er war vielleicht der einzige von etwa 8,9 Millionen Österreichern, der der 2:5-Blamage der Nationalelf gegen Israel in Haifa etwas Positives abgewann.

Ruttensteiner ist seit Juli 2020 Nationaltrainer der israelischen Fußballauswahl, zuvor war er Sportdirektor des dortigen Verbandes. In der WM-Qualifikation hatte sein Team zum Auftakt 0:2 gegen Dänemark verloren und gegen Schottland 1:1 gespielt. Seither folgten jedoch drei tor- und ereignisreiche Siege: 4:1 in Moldau, 4:0 in Färöer - und nun dieses 5:2 (3:1). "Nie hätt' ich gedacht, dass wir gegen Österreich fünf Mal treffen", sagte Ruttensteiner auch deshalb überwältigt, weil der Zusammenschnitt der Treffer aussah wie eine Fünfer-Auswahl für das Tor des Monats.

Von 1999 bis 2017 war Ruttensteiner beim ÖFB, die letzten 16 Jahre als Sportchef. Der Sieg könnte süße Gefühle der Genugtuung in ihm ausgelöst haben, nachdem man ihn im Herbst 2017 beim Verband in Wien entlassen hatte. Schmerzvoller noch als diese 2:5-Klatsche könnte sich für seinen früheren Arbeitgeber die Tabelle in der WM-Qualifikationsgruppe F entwickeln - dann nämlich, wenn es die nun bloß noch auf Platz vier liegenden Österreicher nicht einmal schaffen sollten, hinter Dänemark, das nach dem 1:0 in Färöer mit fünf Siegen klar führt, jenen zweiten Rang zu ergattern, der die Möglichkeit zu einem Playoff für die WM 2022 böte. Zweiter ist jetzt Israel, auch Schottland (1:0 gegen Moldau) ist als neuer Dritter vorbeigezogen. Ein Sieg gegen die Schotten ist für Österreich am Dienstagabend im Ernst-Happel-Stadion in Wien schon fast unerlässlich.

Eine Leistung wie in Haifa darf sich die Elf des deutschen ÖFB-Trainers Franco Foda dann nicht mehr erlauben. 3:0 führte Israel bereits nach 32 Minuten, weil Manor Solomon von Schachtjor Donezk traumhaft vom linken Strafraumeck in den rechten Winkel schlenzte (1:0/5.), weil der Hoffenheimer Stürmer Munas Dabbur zum 2:0 (20.) abstaubte, und weil Israels Rekordtorschütze Eran Zahavi (PSV Eindhoven) den Ball an der Mittellinie vom österreichischen Verteidiger Aleksandar Dragovic auf dem Silbertablett hingelegt bekam und nach 40-Meter Solo zum 3:0 einschob.

Dass Christoph Baumgartner (42.) und Marko Arnautovic (55.) auf 2:3 verkürzten, blieb ohne Wende-Effekt, denn der frühere Schützenkönig der österreichischen Bundesliga, Shon Weissman (58./ehemals Wolfsberger AC), und erneut Zahavi (90.) erhöhten für Israel. Dass bei Österreich zahlreiche Schlüsselspieler wie Marcel Sabitzer, Xaver Schlager, Sasa Kalajdzic, Julian Baumgartlinger und Stefan Lainer ausfielen, genügte nicht als Ausrede. "Fünf Tore dürfen wir gegen Israel auch so nicht bekommen", klagte Torwart Daniel Bachmann, "es war katastrophal heute."

Israel hofft auf seine zweite WM-Teilnahme nach 1970.

Noch vor zweieinhalb Monaten hatte die österreichische Elf beim erst in der Verlängerung verlorenen EM-Achtelfinale gegen den späteren Turniersieger Italien (1:2) einen guten, stabilen Eindruck hinterlassen. "Aber in den letzten Tagen haben wir es leider nicht geschafft, eine Atmosphäre wie vor ein paar Wochen aufzubauen", sagte nach dem 2:5 der links außen in einer Fünferkette agierende David Alaba, Österreichs von München nach Madrid gewechselter Vorzeigefußballer.

Der gebürtige Mainzer Foda, 55, ist seit jenem Herbst 2017 Österreichs Trainer, als damals per Doppelschlag Coach Marcel Koller und Sportdirektor Ruttensteiner gehen mussten. Trotz der zugespitzten Lage in der WM-Qualifikation analysierte der längst nicht mehr unumstrittene Foda den Reinfall von Haifa sachlich: "Wir haben in der Vorwärtsbewegung zu viele Fehler begangen und wurden ausgekontert. Der Gegner war zudem sehr effizient."

Foda hat eine vergleichbare Blamage im selben Stadion schon einmal gut überstanden, im März 2019 verlor man zum Start der später erfolgreich gestalteten EM-Qualifikation gegen die damals vom Österreicher Andreas Herzog gecoachten Israelis 2:4 - Torschützen auch damals: Zahavi (3) und Dabbur sowie Arnautovic (2). Israel träumt davon, sich nach 1970 zum zweiten Mal für eine WM zu qualifizieren, muss am Dienstag aber zu Spitzenreiter Dänemark.

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