Mecklenburg-Vorpommern:Der SPD-Sieg, der schon sicher ist

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Sie dürfte ihr Amt verteidigen: Manuela Schwesig, SPD, hier bei einem Wahlkampftermin mit ihren sozialdemokratischen Amtskollegen Stephan Weil (Niedersachsen, links) und Peter Tschentscher (Hamburg). (Foto: Danny Gohlke/dpa)

Ministerpräsidentin Manuela Schwesig hat es mit einem idealen Partner und Rivalen zu tun: einer harmlosen CDU.

Kommentar von Peter Burghardt

Schon bevor Olaf Scholz die Umfragen für die Bundestagswahl stürmte, sah die SPD gerne in den deutschen Norden. Vor allem dort oben lebte die Hoffnung der Partei, und das nicht nur deshalb, weil der Kanzlerkandidat Scholz ein Hamburger ist und dort Bürgermeister war. Die SPD führt das Wort in Niedersachsen, Bremen, Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern. In letzterem Bundesland wird sie bei der Landtagswahl am 26. September sehr wahrscheinlich eine sagenhafte Serie fortsetzen.

Seit 23 Jahren sind die Sozialdemokraten in Mecklenburg-Vorpommern pausenlos an der Macht. Es begann, als Gerhard Schröder die SPD 1998 ins Kanzleramt führte, damals gewann Harald Ringstorff. Die Genossinnen und Genossen an dieser Ostseeküste erwiesen sich als flexibel, sie regierten mit den Linken und regieren seit 2006 mit der CDU. Und in dieser Schweriner Groko hat sich die Union dermaßen ausgezehrt, dass sie gar kein richtiger Gegner mehr zu sein scheint.

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In Umfragen von Ende August führt die SPD von Ministerpräsidentin Manuela Schwesig mit vergleichsweise himmlischen 36 Prozent - mehr als doppelt so viel wie die CDU ihres Rivalen Michael Sack, die mit 15 Prozent noch hinter der AfD (17 Prozent) steht; die CDU war auch 2016 nur dritte Kraft. Eine Erklärung steckt diesmal schon im Duell der Spitzenkandidaten. Schwesig gegen Sack.

Wie heißt noch gleich der Herausforderer von der CDU?

Schwesig kennt jeder, sie war Bundesfamilienministerin, kam 2017 zurück und übernahm das Amt ihres krebskranken Vorgängers Erwin Sellering. 2019 machte sie ihre eigene Krebserkrankung öffentlich, gab ihre SPD-Bundesämter auf, führte aber ihre Regierung weiter und blieb SPD-Landesvorsitzende.

Das hat ihr viel Respekt eingebracht. Keiner käme mehr auf die Idee, sie als "Küstenbarbie" zu schmähen, wie das einst Lorenz Caffier für angemessen hielt, ein früherer CDU-Landesvorsitzender und Regierungsvize. Sie ist die Landesmutter und der SPD-Wahlkampf auf sie fixiert. Ihr strenges Corona-Management hat sie auch bundesweit wieder sichtbar gemacht, und die Pandemie-Bilanz ist alles in allem gut, obwohl die Ferienindustrie klagte. Das Bundesland von Rügen und Usedom konkurriert mit Bayern als beliebteste Urlaubsregion Deutschlands.

Den Rivalen Sack dagegen kennen die meisten Wählerinnen und Wähler nicht, er steht für den Niedergang seiner CDU. Sie ist die Partei von Caffier, der wegen eines Waffenkaufs zurücktreten musste, des CDU-Landesvorsitzenden Vincent Kokert, der Anfang 2020 die Politik verließ, und auch von Philipp Amthor, dem mit der Lobbyaffäre. Überhaupt, bei dieser CDU lässt sich abladen, was nicht funktioniert. Werftenkrise, Verfassungsschutzkrise, Rechtsradikalismus, Funklöcher. Sie stellt die Minister für Inneres und Wirtschaft, aber natürlich ist auch die Staatskanzlei für die Probleme zuständig.

Die weite, dünn besiedelte Region überaltert vielerorts. Polnische Lehrerinnen und Lehrer müssen helfen, weil Personal in den Schulen fehlt. Das Gefühl der Verlassenheit stärkt radikale Tendenzen. Um das zu besänftigen, beschäftigt die SPD eigens einen Staatssekretär für Vorpommern, Patrick Dahlemann - Statthalter für den fernen Osten, wo Stettin deutlich näher ist als Schwerin.

Sofern den Grünen und der FDP die Rückkehr in den Landtag gelingt, gäbe es theoretisch Alternativen zur großen Koalition; Ampel, Linksbündnis. Manuela Schwesig bevorzugt die Mitte, wie Scholz. Spätestens als Wahlsiegerin wird sie wieder zu den mächtigsten Figuren der SPD gehören.

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