Arbeitsgericht:Chef der Spatenbrauerei klagt auf Wiedereinstellung

Geschäftsführer Bernhard Klier, seit 40 Jahren in dem Betrieb tätig, erhielt im Juli die Kündigung.

Geschäftsführer Bernhard Klier, seit 40 Jahren in dem Betrieb tätig, erhielt im Juli die Kündigung.

(Foto: Robert Haas)

Bernhard Klier will seine außerordentliche Kündigung nicht akzeptieren. Ihm wird laut seinem Anwalt vorgeworfen, die "sozial-adäquate Distanz nicht gewahrt" zu haben.

Von Franz Kotteder und Susi Wimmer

Bernhard Klier, Geschäftsführer der Spaten-Franziskaner-Löwenbräu-Brauerei in München, klagt auf Wiedereinstellung. Das sagte sein Anwalt Christoph Albrecht am Rande des ersten Gütetermins vor dem Münchner Arbeitsgericht. Klier, der seit 40 Jahren in dem Betrieb tätig ist, erhielt Ende Juli die außerordentliche Kündigung. Ihm werde laut seinem Anwalt vorgeworfen, dass er die "sozial-adäquate Distanz nicht gewahrt" habe. Worum es genau geht, wurde bei dem ersten Gerichtstermin in der Winzererstraße elegant umschifft. Nun sollen die Parteien binnen einer Woche kundtun, ob sie mit einem Güterichtertermin einverstanden sind. Der würde dann unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden.

Der 55 Jahre alte Klier erschien selbst nicht zum Gütetermin. "Er verfolgt die Sache und ist sprachlos", sagte sein Rechtsanwalt. Die Vorfälle würden eine fristlose Kündigung nicht rechtfertigen, höchstens eine Abmahnung. Auch beim Gerichtstermin monierte der Anwalt, dass der Konzern eine Whistle-Blower-Line eingerichtet habe, sozusagen ein digitales Forum zum Verpfeifen, dem habe aber der Betriebsrat nicht zugestimmt. Über diesen Compliance-Kanal sollen die Vorwürfe gegen Klier laut geworden sein. Wer ihn verpfiffen hat, wisse man nicht, so der Anwalt. Zudem sei Klier über die Identität der geschädigten Personen informiert worden, "das ist keine Verdachtskündigung".

Die beklagte Anheuser-Busch-Inbev ist der größte Braukonzern der Welt und beschäftigt insgesamt mehr als 170 000 Mitarbeiter, der Jahresumsatz betrug vor der Pandemie zuletzt fast 53 Milliarden US-Dollar. In dem Konglomerat, das für mehr als 630 Biermarken steht, haben Spaten, Löwenbräu und Franziskaner nur einen sehr geringen Anteil am Gesamtumsatz, und die deutschen Aktivitäten werden auch von Bremerhaven aus koordiniert, die Münchner Braugruppe spielt dabei keineswegs die wichtigste Rolle, und die Münchner Geschäftsführer waren und sind in ihren Entscheidungen keineswegs so frei, wie es die Chefs der anderen Brauereien in der Stadt sind. Es heißt, unter anderem deshalb sei die 2015 zur Spaten-Franziskaner-Geschäftsführerin ernannte Katrin Schilz schon nach drei Jahren zu Paulaner gewechselt, auf den titelmäßig sehr geringeren Posten einer Vertriebsdirektorin für den Fachgroßhandel.

Bernhard Klier, der zuvor schon 36 Jahre lang im Vertrieb von Spaten, Löwenbräu und Franziskaner tätig gewesen war und sich mit Schilz die Geschäftsführung geteilt hatte, wurde danach alleiniger Vorstand. Er galt als bestens vernetzt mit allen Akteuren der Münchner Gastronomie und den Vertretern der anderen Brauereien.

"Ich rate ihm, dass er zurückkehrt", sagte sein Anwalt. Klier sei ein bekanntes Gesicht des Oktoberfestes. Man wolle seine Reputation wieder herstellen. "Sozial-adäquate Distanz nicht gewahrt" habe nicht etwa mit sexuellem Missbrauch zu tun. "Es ist nichts ganz Schlimmes." Für den Fall einer Abfindung gehe es laut Albrecht um eine Summe "im sechsstelligen Bereich". Der Richter erklärte den Parteien, er könne schon eine Einschätzung zur Sache abgeben, "aber dann muss ich in Details gehen".

Das wollte aber offenbar dann doch keiner. Bei der schwierigen Gemengelage könne er einen Güterichter empfehlen, so der Richter. Der Anwalt von Bernhard Klier stimmte dem zu. Die Gegenseite erklärte, man werde dafür im Konzern werben, könne aber heute noch keine Zusage erteilen. Bis zum 14. September muss nun Anheuser-Busch-Inbev mitteilten, ob sie diesem Termin unter Ausschluss der Öffentlichkeit zustimmt. Falls dies negativ beschieden werde, so das Gericht, solle die Beklagte sich erklären, ob einer Fortsetzung der Güteverhandlung zugestimmt werde. Dieser Termin wäre dann wieder öffentlich.

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