Fondsgesellschaft DWS:Aufsicht untersucht Rolle von Deutsche-Bank-Vorstand

FILE PHOTO: Logo of Deutsche Bank's asset management unit DWS is pictured at the Frankfurt Stock Exchange

Das Logo der DWS: Der Fondstochter der Deutschen Bank wird Greenwashing vorgeworfen.

(Foto: Kai Paffenbach/Reuters)

Karl von Rohr ist zugleich im Vorstand der Deutschen Bank und Chefkontrolleur der hauseigenen Fondsgesellschaft. Bei den Greenwashing-Ermittlungen der US-Behörden steht auch er im Fokus.

Von Jan Diesteldorf und Meike Schreiber, Frankfurt

Läuft alles gut, bekennt sich die Deutsche Bank gerne zu ihrer Fondstochter DWS, schließlich steht diese für all das, wonach die Konzernmutter strebt: Sie liefert stabile Erträge, zockt nicht mit Derivaten und soll den Bankkonzern damit auch weniger abhängig machen vom schwankungsanfälligen Investmentbanking. Wenn es allerdings Probleme gibt, dann scheint man in den Frankfurter Doppeltürmen plötzlich auf Distanz zu gehen zu der 80-Prozent-Tochter, obwohl deren Hauptsitz gleich schräg gegenüber liegt. So jedenfalls deuten es einige in der Frankfurter Finanzszene, dass Konzernchef Christian Sewing die Tochter bislang noch nicht explizit in Schutz genommen hat gegen Vorwürfe des Greenwashings ihrer Fonds. Und tatsächlich verweist auch die Pressestelle der Deutschen Bank derzeit bei allen Anfragen dazu an die DWS. So, als wäre das eine ganz andere Firma.

Inwieweit die Konzernmutter in der Verantwortung steht, dürfte noch eine interessante Frage werden. Bei den Vorwürfen geht es schließlich darum, dass sich die DWS womöglich grüner dargestellt hat als sie ist. Das sagt die frühere Nachhaltigkeitschefin der DWS, Desiree Fixler, und diesen Vorwürfen gehen nun auch Behörden in den USA nach, die Börsenaufsicht SEC und das Justizministerium. Auch die deutsche Finanzaufsicht Bafin beschäftigt sich mit der Sache. Es geht um äußerst optimistische Aussagen auf der Hauptversammlung und womöglich auch um falsche Angaben im Geschäftsbericht dazu. Die DWS weist die Vorwürfe als haltlos zurück. Noch stehen die Untersuchungen am Anfang, und es ist offen, ob es ein Fehlverhalten gegeben hat.

Nach SZ-Informationen haben die Aufseher nun auch die Rolle von DWS-Aufsichtsratschef Karl von Rohr in den Blick genommen, hauptamtlich Privatkundenvorstand der Deutschen Bank. "Die Aufseher sind mit einer ziemlich großen Mannschaft eingeritten und nehmen das offenbar sehr ernst", sagt ein Konzerninsider. Fixler hatte ihre Vorwürfe gegen Vorstandschef Asoka Wöhrmann bereits Mitte März 2021 an Chefkontrolleur von Rohr geschickt. Wenige Tage verlängerte der Aufsichtsrat den Vertrag von Wöhrmann vorzeitig. Hatten sich die Kontrolleure dabei ausreichend Zeit genommen, um die Vorwürfe zu prüfen?

Entlastender Bericht von externen Beratern

Die Deutsche Bank teilte mit, die Gremien seien über alle relevanten Vorgänge informiert worden. Die DWS hatte zuvor mitgeteilt, die Vorwürfe seien von unabhängiger Seite untersucht worden, der daraufhin erstellte Bericht habe ergeben, "dass keiner der Vorwürfe der Ex-Mitarbeiterin auf Tatsachen beruhte, inklusive Greenwashing". Wie mehrere Insider bestätigten, hatte die DWS die Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC mit der Prüfung betraut. PwC äußerte sich nicht. Ob die Bank oder ihr Fondshaus auch die Aufsicht über die Vorwürfe informiert hatten, ließen beide offen.

Inzwischen dürfte der PwC-Bericht auch der Aufsicht vorliegen. Und dort wird man sich womöglich nochmal aufmerksam eine Analyse von Morningstar durchlesen. Die Fonds-Ratingagentur hatte die Nachhaltigkeitsbemühungen der DWS im vergangenen Herbst kritisch beleuchtet. Es hätten zwar "alle Fondsmanager der DWS Zugang zu ESG-Research", heißt es in der Studie, und Analysten müssten ESG-Überlegungen mit einbeziehen. Die jeweiligen Fondsmanager hätten aber "bei der Gewichtung von ESG-Faktoren bei der Aktienauswahl, dem Risikomanagement oder dem Aufbau des Portfolios einen großen Spielraum." ESG - die englische Abkürzung Umwelt, Soziales, Unternehmensführung - steht für Nachhaltigkeit in der Finanzwirtschaft.

Deutsche Bank will nichts dem Zufall überlassen

Die Vorwürfe gegen die DWS werden in der Fondsbranche aufmerksam verfolgt. Es geht um die Frage, inwieweit Vermögensverwalter ihre Produkte als nachhaltig vermarkten dürfen - oder zumindest behaupten, bei der Anlage auch Nachhaltigkeitskriterien zu berücksichtigen. Während auf EU-Ebene nach und nach neue Regeln dazu eingeführt werden, steht das Thema ESG derzeit auch bei Regulierungsbehörden weit oben auf der Agenda; zuletzt hatte die Bafin den Entwurf einer Richtlinie dazu vorgelegt. Ziele der Initiative, unter anderem: Klarheit schaffen, Greenwashing verhindern.

So zurückhaltend die Deutsche Bank bei Nachfragen zur DWS derzeit reagiert, so ernst nimmt man die Vorgänge in der Konzernzentrale offenbar. Ärger mit US-Behörden hatte die Bank schon genug. Zu viel, um derlei nicht von Anfang an kontrollieren zu wollen: Kurz nach Bekanntwerden der Ermittlungen hat die Deutsche Bank in der juristischen Auseinandersetzung in Sachen DWS die Federführung übernommen, sagen Kenner des Verfahrens. Die Deutsche Bank teilte mit, "zu Fragen im Zusammenhang mit Rechtsstreitigkeiten oder unserer Interaktion mit Aufsichtsbehörden" äußere man sich nicht.

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