Österreich in der WM-Qualifikation:Achterbahn und Geisterbahn in einem

Österreich - Schottland

Trainer und Kapitän bei der Trauerarbeit: Franco Foda und David Alaba nach Österreichs 0:1 gegen Schottland.

(Foto: Herbert Neubauer/dpa)

Nach dem 0:1 gegen Schottland sind Österreichs Fußballer tief in der Krise. Der Umweg über die Playoffs könnte sie dennoch zur WM führen - fraglich ist, ob Trainer Franco Foda dann noch im Amt ist.

Von Ulrich Hartmann

Man kann im Wiener Prater nicht nur mit dem berühmten Riesenrad, sondern auch Achterbahn und Geisterbahn fahren. Man kann sich aber auch einfach eine Eintrittskarte fürs angrenzende Ernst-Happel-Stadion kaufen und ein Länderspiel von Österreichs Fußballern anschauen. Da bekommt man Achterbahn und Geisterbahn in einem.

Geschockt und entnervt standen am späten Dienstagabend viele der erlaubten 18 000 Zuschauer auf der Tribüne und signalisierten den Spielern unten auf dem Platz nach dem 0:1 (0:1) gegen Schottland, dass sie sie am liebsten ins ungeheuerliche Loch Ness verjagen würden: "Leiberl und Autogramme wollten's jedenfalls keine", sagte der Stürmer Marko Arnautovic mit gewohntem Schmäh über die grantelnden Fans. Und so behielten Österreichs Spieler Trikots und Schriftzüge sowie Nerven und Kräfte beisammen, um bis zum November in vier verbleibenden Spielen vielleicht doch noch Platz zwei in der WM-Qualifikationsgruppe zu erobern und sich so zumindest für die Playoffs zu qualifizieren.

Drei Tage nach dem blamablen 2:5 in Israel drückte das 0:1 gegen Schottland die Österreicher in der Gruppe F allerdings runter auf den vierten Platz. In Färöer und Dänemark Mitte Oktober sowie gegen Israel und Moldau im November müsste man für eine WM-Chance die nun um vier Punkte enteilten Schotten (2.) und die drei Punkte besseren Israelis (3.) überholen - Tabellenführer Dänemark ist bereits außer Reichweite. Doch weder die fußballerische Verfassung der Mannschaft noch das angekratzte Standing des deutschen ÖFB-Trainers Franco Foda sprechen für eine schleunige Verbesserung der Perspektiven.

Der Verbandschef stützt Foda, er ist aber nur noch bis Oktober im Amt

Über den Trainer wird schon länger kontrovers diskutiert, aber Foda behauptete nach dem 0:1 trotzig: "Ich bin gern Teamchef von Österreich." Tags darauf erhielt er Rückendeckung und eine Jobgarantie für die nächsten Spiele vom Verbandspräsidenten Leopold Windtner. Der 71-Jährige ist aber nur noch bis Mitte Oktober beim ÖFB im Amt. Danach muss ein anderer über Fodas Schicksal entscheiden.

Neuer ÖFB-Präsident wird Gerhard Milletich vom Landesverband Burgenland oder der Unternehmer Roland Schmid. Die Beiden stellen sich am Samstag einem Wahlausschuss zum Gespräch, der danach abstimmt. Gewählt und ernannt wird der neue Boss offiziell am 17. Oktober. Dann wird er vielleicht auch schon erklären, wie er zum deutschen Trainer steht.

Dass Franco Fodas Verhältnis zu Teilen der Mannschaft schwierig sein soll, wird gern und oft dementiert. "Wenn wir kein gutes Verhältnis zum Trainer hätten, dann hätten wir nicht so eine EM gespielt", erklärte der Team-Häuptling und frühere Münchner David Alaba durchaus nachvollziehbar. Denn bei der EM war Österreich ins Achtelfinale eingezogen und hatte den späteren Europameister Italien tapfer in die Verlängerung gezwungen. Am Ende verlor man zwar 1:2, berief sich zum Trost aber auf eine respektable Leistung.

Davon ist in der Qualifikation zur WM 2022 allerdings nichts übrig geblieben. Einem mauen 2:0 gegen Fußballzwerg Moldau folgten nun ohne eine Reihe verletzter Schlüsselspieler die beiden Niederlagen. Jetzt stehen die vielen Deutschland-Legionäre mit ihrem deutschen Coach bei den Fans in schlechtem Licht. "Ich möchte mich bei den Fans entschuldigen", sagte Stefan Ilsanker demütig. Aber auch den Spielern selbst war im Praterstadion zum Gruseln zumute. Das Gegentor zum 0:1 fiel nach langwierigem Videoentscheid per Foulelfmeter, Österreichs Torwart Daniel Bachmann flutschte bei diesem von Lyndon Dykes schwach geschossenen Strafstoß der Ball auch noch unter dem Körper durch (30.).

In einem Modus voller Unwägbarkeiten könnte Österreich trotz allem die WM-Qualifikation schaffen

Die Österreicher selbst erhielten nach Videoansicht keinen Foulelfmeter, obwohl Stephen O'Donnell den zum Kopfball hochsteigenden Christoph Baumgartner mit der Hand regelwidrig zur Notlandung gezwungen hatte (45.). In der zweiten Halbzeit erspielten sich die Gastgeber dann schlichtweg zu wenige Torchancen.

Die WM-Playoffs, in denen zwölf Nationen um drei WM-Tickets spielen, werden am 24. und 29. März 2021 binnen sechs Tagen ausgespielt. Dafür qualifizieren sich die zehn Gruppenzweiten der WM-Qualifikation - sowie aus der Nations League jene zwei Gruppensieger, die im Ranking am höchsten stehen. Es ist ein Modus voller Unwägbarkeiten. Erst nach Beendigung der WM-Qualifikationsgruppen Mitte November wird feststehen, welche zwei Nationen sich über die Nations League für die Playoffs qualifizieren. Österreich könnte im Fall der Fälle eines dieser Teams sein.

Die Österreicher waren im vorigen Herbst nämlich Erster in der Gruppe 1 der Nations-League-B-Division. Sollten die Favoriten Italien, Belgien, Frankreich und Spanien in ihren Quali-Gruppen Erster oder Zweiter werden, worauf alles hindeutet, wäre Österreich bei Bedarf über seine Nations-League-Platzierung in den Playoffs dabei. Die Hoffnung auf die erste WM-Teilnahme seit 1998 lebt also.

Der angeknackste Trainer Foda zeigte sich jedenfalls gleich doppelt zweckoptimistisch, als er auch in eigener Sache sagte: "Ich gehe davon aus, dass ich das Playoff bestreiten werde." Die Achterbahnfahrt geht weiter.

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