US Open:Zverev überspringt Hindernis Nummer fünf

US Open: Erhöhte Zungenfertigkeit: Alexander Zverev bei seinem unterkühlten und kaum gefährdeten Viertelfinalsieg in New York.

Erhöhte Zungenfertigkeit: Alexander Zverev bei seinem unterkühlten und kaum gefährdeten Viertelfinalsieg in New York.

(Foto: Elise Amendola/AP)

Der deutsche Tennisprofi gewinnt gegen Lloyd Harris im Schnelldurchgang und erreicht das Halbfinale - weil er mittlerweile der Erfahrene, der Ausgebuffte ist. Nun wartet das wohl größte Hindernis auf dem Weg zum Titel: Novak Djokovic.

Von Jürgen Schmieder, New York

Plötzlich war es pitschnass auf dem Tennisplatz im Arthur Ashe Stadium, trotz strahlender Sonne. Was war passiert? Nun, Lloyd Harris hatte aus Frust zwei Wasserflaschen auf den Boden gepfeffert, die explodierten wie China-Böller. Er hatte den ersten Satz gegen Alexander Zverev im Tie-Break verloren, und der Südafrikaner war kolossal genervt - auch darüber, wie das passiert war. Er hatte Satzball bei eigenem Aufschlag, da beschwerte sich Zverev, dass die Stadionregie kurz vor Ballwechsel-Beginn das Bild auf der Großleinwand änderte.

Das ist nervig, gewiss, vor allem bei eigenem Aufschlag; es war für Harris aber auch nervig, dass sich Zverev ausgerechnet jetzt nochmal beschwerte (der Hamburger hatte es zuvor bereits lautstark moniert). Harris stand an der Grundlinie, wartete, blickte auf Zverev, blickte zur Schiedsrichterin - und verlor die drei Punkte danach sowie den ersten Satz. Nur 77 Minuten später war die komplette Partie vorbei. Zverev gewann dieses Viertelfinale 7:6 (6), 6:3, 6:4.

"Harris hat im ersten Satz gut aufgeschlagen und im dritten ohne Druck geschwungen, deshalb bin ich heilfroh, durch zu sein", sagte der deutsche Vorjahresfinalist danach auf dem Platz: "Ich werde mir jetzt das andere Viertelfinale anschauen und hoffe, dass es viereinhalb Stunden dauert. Mein Gegner soll auf den Platz kriechen, und ich erreiche das Endspiel."

Die Dramaturgie im Männerfeld der US Open ist komplett darauf ausgelegt, dass Novak Djokovic auf dem Weg zum Grand Slam (die Turniere in Melbourne, Paris und Wimbledon hat er bereits gewonnen) im Halbfinale auf Zverev trifft - gegen den er ja in der Vorschlussrunde der Olympischen Spiele in Tokio verloren hatte und der neben Daniil Medwedew (Russland, steht im Halbfinale gegen den Kandier Felix Auger-Aliassime) als einziger gilt, der den historischen Triumph des Serben verhindern könnte. Am Mittwochabend spielte Djokovic gegen Matteo Berrettini (Italien) und machte mit einem 5:7, 6:2, 6:2, 6:3 die Halbfinal-Teilnahme perfekt.

Zverev serviert gegen Harris herausragend

Zverev, 24, hat sich bislang souverän durchs Turnier gespielt; was auch daran lag, dass möglicherweise stärkere Gegner früher scheiterten als erwartet. Dafür kann Zverev nichts (er gehörte früher zu diesen Akteuren, die oft früher scheiterten als erwartet), bis auf kleine Schluckauf-Momente spielte er bislang stets so gut, dass es zu lockeren Siegen reichte. Man bemüht in diesen Fällen oft das Pferd, das ja auch nur so hoch springe, wie das Hindernis es erfordert.

Gegen Harris servierte er herausragend (er holte 82 Prozent der Punkte, bei denen der erste Aufschlag im Feld landete, und das tat er bei 68 Prozent der Versuche), er stellte sich klug auf die Spielweise des Gegners ein (viele Cross-Schläge, um Zverev aus dem Feld zu treiben), und in Momenten wie Satzball für den Gegner zeigte er, dass mittlerweile er der Erfahrene, der Ausgebuffte ist und nicht der andere. Er hat nun 16 Partien nacheinander gewonnen und dabei die Goldmedaille bei Olympia.

Zverev sprang so hoch, wie er springen musste; doch am Freitag trifft er auf ein Hindernis, das ohne Düsenjets kaum zu überqueren sein dürfte - vor allem über drei Gewinnsätze: Djokovic ist der (neben Medwedew) beste Return-Spieler im Feld, er stellt sich mittlerweile während seiner Partien besser auf die Spielweise des Gegners ein als jeder andere; und wenn er eines bewiesen hat in seiner langen Karriere: Ein ausgebuffter Fuchs ist er auch.

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