Triell:Eine Dauerwerbesendung, zweiter Teil

Olaf Scholz gewinnt schon dadurch, dass er nicht verliert - in einer Debatte, die eigentlich eine Unverschämtheit ist.

Kommentar von Detlef Esslinger

Die naheliegende Frage nach so einem Triell lautet, wie die drei sich geschlagen haben. Ist Annalena Baerbock wieder in der Spur? Hat Armin Laschet hineingefunden? Und Olaf Scholz, hält er sie? Alles interessant und wichtig und lenkt doch von einer nicht ganz so kleinen Kleinigkeit ab: dass diese drei Trielle eigentlich als solche eine Unverschämtheit sind. Volker Bouffier, der CDU-Vize, hat darauf hingewiesen, unabsichtlich bestimmt. Zum Ausdruck bringen wollte er nach der Ausgabe vom Sonntag, dass die Leute sich nicht vom soliden Herrn Scholz blenden lassen sollten, weil der lauter Linke im Schlepptau hat. Bouffier sagte also: Es werde immer der Eindruck erweckt, die Menschen würden den Kanzler wählen. "Das ist falsch. Niemand wählt den Kanzler. Wir wählen Parteien." Womit er exakt das grundsätzliche Problem dieser Art von TV-Debatte umschrieb.

Union, SPD und Grüne haben Kanzlerkandidaturen ausgerufen; bei den ersten beiden war das schon immer so, bei Letzteren legten Umfragen und Landtagswahlergebnisse dies nahe. Alles völlig legitim aus deren Sicht, aber so wie es derzeit läuft, müsste eigentlich jede Partei künftig Kanzlerkandidaturen ausrufen, sofern sie eine Chance haben will, rechtzeitig bei Peter Kloeppel und Maybrit Illner vorgelassen zu werden. Andernfalls verzichtet man jedenfalls auf mindestens 270 Minuten Dauerwerbesendungen.

Als Onkel war Laschet gescheitert. Jetzt versucht er es als Schütze

Die am Sonntag scheint wieder zu Gunsten von Olaf Scholz ausgegangen zu sein, wenn man den Blitzumfragen glauben darf. Erstaunlich wäre das nicht, Scholz hatte die leichteste Aufgabe: den Vorsprung halten, also keinen Fehler machen. Das Moderations-Duo war so freundlich, gleich zu Beginn nach der Durchsuchung im Finanzministerium zu fragen; was als Erstes drankommt, liegt am Ende in der Erinnerung am weitesten zurück. Scholz wählte die Antworttaktik, in die Details zu gehen, ruhig über Dinge wie "FIU" und "Meldungsaufkommen" zu sprechen - wissend, was die Leute sich letztlich merken: den Ton, nicht die Details.

Womit zugleich das Dilemma von Armin Laschet beschrieben wäre: Dass er mit Gemütlichkeit in diesem Wahlkampf nicht weiterkommt, hat er offensichtlich kapiert. Nun versucht er es mit Salven: Erst am Samstag bei der CSU, wo er die SPD im Ganzen verdammte, und nun, in dem er zu Scholz sprach, als wäre er dessen Chef ("Wenn mein Finanzminister so arbeiten würde wie Sie, hätten wir ein ernstes Problem.") Die Frage ist: Werden die Leute schleunigst diesen Schützen schätzen, nachdem sie den Onkel nicht wollten? Schleunigst, das ist ja das, worauf es ankommt - auch für Annalena Baerbock. Sie war erkennbar zurück in der Spur: klar und präzise in dem, was sie sagte, auf die Zukunft gerichtet und nicht auf "Vergangenheitsbewältigung", dem Wort, mit dem sie sich über eines der Scholz-Laschet-Scharmützel mokierte. Doch ob das nicht zu spät kommt? Ob sie einfach zu lange aus der Spur war, nach all dem Pipifax vom Frühsommer?

Am Ende rief die Moderatorin Illner streng in die angeschlossenen Wohnzimmer, wählen zu gehen "in 14 Tagen", länger ist es ja nicht mehr bis zum 26. September. Womit man zurück beim grundsätzlichen Problem dieses Triells wäre: Wohl die Hälfte der Stimmen wird bis dahin schon abgegeben sein. Wer sich noch ein Bild machen will, wen andere Parteien so aufbieten, der bekommt am Montagabend 60 Minuten im ZDF sowie 75 Minuten in der ARD, dies jeweils die Sendezeit für vier Gäste.

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