Kolumne "Ende der Reise":Sie werden so schnell groß

Selective focus on a little girl s sandy hands at the beach on a sunny day, Model released Copyright: xPhilippexDegroote

Sind die Kleinen erst einmal größer, wird alles einfacher - das ist die ewige Verheißung der frühen Elternjahre. Dabei wird es vor allem: anders.

(Foto: Philippe Degroote/imago images/Addictive Stock)

Ferien mit Kindern sind selten wirklich erholsam. Das ändert sich, wenn die Kleinen älter werden - aber nicht unbedingt zum Besseren.

Glosse von Eva Dignös

Wie war der Familienurlaub? Schon schön, aber irgendwie auch anstrengend? Weil die Hoffnung auf Entspannung ein wenig unter die Räder, respektive zwischen die Sandkörner geraten ist? Das Erholungsversprechen eines Familienurlaubs ist dem Scheinriesen Tur Tur nicht unähnlich, dem Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer in Michael Endes Kinderbuchklassiker in der Wüste begegnen. Riesengroß scheint er zu sein, doch je näher ihm die beiden Eisenbahn-Abenteurer kommen, umso mehr schrumpft er zusammen.

Voller Vorfreude bricht man auf: wunderbares Quartier, schöner Pool, Sonnenterrasse. Man wird Zeit haben, füreinander und für zwei, drei Bücher. Was soll da noch schiefgehen mit der Erholung? Gut, die Erwartungen waren vielleicht etwas hoch. Kinder, die zu Hause schlecht schlafen, tun das im Urlaub meistens auch. Husten, Schnupfen, Durchfall kennen keine Ferien. Der Pool ist veralgt und die Geschwister streiten lautstark auf der Sonnenterrasse, wer für das Loch im Aufblas-Haifisch verantwortlich ist. Der Scheinriese mutiert zum Gartenzwerg, vielleicht trägt er immerhin Sonnenhut und zarte Bräune. Doch statt erholt fühlt man sich genauso wie vor dem Urlaub und außerdem noch mindestens zwei Wochen älter.

Apropos Alter: Das ist die ewige Verheißung der frühen Elternjahre. Sind die Kleinen erst einmal größer, wird alles einfacher. Und - Spoiler - es ist tatsächlich so. Große Kinder packen ihren Koffer selbst, jammern nicht mehr im Auto, sondern lenken es geduldig durch den Stau Richtung Süden, gehen nicht nur freiwillig einkaufen, sondern kochen auch noch eine fantastische Spaghettisoße. Streiten können Geschwister zwar immer noch, aber man darf sich als Eltern dann guten Gewissens auf einen Aperol an die Strandbar entfernen: Sie werden auch das wieder hinbekommen.

Der Haken an der Sache: Diese jungen Menschen sind nicht nur angenehme Reisegefährten, sondern legen schonungslos die Defizite ihrer mittelalten Begleiter offen. Sind schon auf dem Weg zur besten Eisdiele der Stadt, während Mutti immer noch versucht, das Smartphone für die Route auszurichten. Bleiben entspannt, wenn was nicht klappt, während die Ü-50-Generation hektisch Schweißausbrüche bekommt. Beherrschen die Kunst, einen Tag einfach laufen zu lassen, ohne Plan und Reiseführer, dafür mit viel Neugier aufs Unbekannte. Sind also exakt so cool, wie man dachte, dass man selbst noch wäre. Tja. Und so ist man vielleicht erholter als nach einem Urlaub mit Kleinkindern - aber dafür definitiv um Jahre gealtert.

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