Parteiübergreifender Gedankenaustausch:Ideenschmiede Moosburg

Besser arbeiten, günstiger wohnen und eine nachhaltige Mobilität. Bei einer Fish-Bowl-Diskussion erläutern Bundestagskandidaten ihre Pläne dafür

Von Alexander Kappen, Moosburg

Die Initiative zu dem neuen Format kam von der FDP, weshalb diese zunächst auch einen Werbeständer im Saal der Moosburger Kegelhalle aufgebaut hatte. Der Gedanke hinter der Veranstaltung war jedoch, mit Blick auf die Bundestagswahl parteiübergreifend über wichtige Themen für Moosburg und die Region zu diskutieren. Das Plakat der FPD verschwand dann auch schnell wieder von der Bildfläche. So konnten sich bei der "Ideenschmiede Moosburg" am Mittwoch Moderator Julian Grübel von der Gruppierung Fresh sowie die Bundestagskandidatinnen und -kandidaten Emilia Kirner (ÖDP), Eva-Maria Schmidt (FDP) und Andreas Mehltretter (SPD) auf Augenhöhe und neutralem Terrain mit den Besuchern bei einer Fish-Bowl-Diskussion unterhalten.

Sie redeten über den Wirtschafts- und Arbeitsstandort Moosburg, bezahlbaren Wohnraum und die Mobilitätswende - alles Themen, die von den Kandidatinnen und Kandidaten angeregt und von den Anwesenden engagiert diskutiert wurden. Dabei ging es auch darum, wie man auf Bundesebenen die nötigen politischen Impulse setzen kann, um auf lokaler Ebene die gewünschten Effekte zu erzielen

Die Hallbergmooserin Eva-Maria Schmidt, 50, brachte den Wirtschaftsstandort Moosburg ins Spiel, für den es neben Wohnraum auch eine gute Infrastruktur brauche. Nicht zuletzt benötige das Handwerk Nachwuchs, tue sich bei der Suche nach geeigneten Auszubildenden aber schwer. Die Frage sei, so Schmidt, "was muss man machen, um für die Jugend attraktiv zu sein?" Als einen Schlüssel machten die Diskussionsteilnehmer das Bildungssystem aus, das Kindern und Jugendlichen den späteren Weg schon früh vorgebe. Als Moderator Julian Grübl die Studentin Emilia Kirner, 23, fragte, ob sie jemals über eine Ausbildung nachgedacht habe, fiel deren Antwort ziemlich klar aus: "Ich bin aufs Gymnasium gegangen. Warum soll ich mich dort acht Jahre lang abrackern, wenn ich dann nicht studiere?" Eine Ausbildung sei da "ein gefühlter Abstieg".

Das rief Andreas Mehltretter, 29, auf den Plan, der einen grundlegenden Fehler im Bildungssystem identifiziert hat. "Mit der Schulwahl nach der vierten Klasse hat man die Entscheidung praktisch schon gefällt", sagte der Freisinger, der derzeit an seiner Doktorarbeit schreibt: "Am Gymnasium hat es bei uns keine Rolle gespielt, welche Bandbreite an Berufen es eigentlich gibt." Aber Abitur heiße ja nicht, "dass man unbedingt studieren muss". Auch der Moosburger FDP-Stadtrat Philipp Fincke warb dafür, "miteinander dafür zu kämpfen, dass ein Studium nicht mehr wert ist als eine Ausbildung - ein Meister muss genauso viel zählen wie ein Master". Schmidt verwies auf die guten Verdienstmöglichkeiten nach einer Ausbildung: "Bei uns im Wahlkreis ist der Anteil der Akademiker niedriger als im Bundesdurchschnitt, aber der Durchschnittsverdienst ist höher."

Mit Blick auf die Wohnungsknappheit in Moosburg und der Region plädierte Mehltretter für ein Zusammenspiel aus Bundes- und lokaler Ebene und warb etwa für eine Mietpreisbremse, für die es einen Mietspiegel brauche, den es in Moosburg aber noch nicht gebe. Auch das Leerstandsmanagement sei ein Ansatzpunkt: "Wo steht was leer und welche Lösung kann man mit dem Eigentümer finden?" Schmidt verwies dagegen auf ihre Erfahrung, wonach "eine Mietpreisbremse nicht dazu führt, dass mehr gebaut wird". Kirner kritisierte die vorherrschenden unflexiblen Wohnformen: "Man kauft ein Eigenheim für die Familie. Dann ziehen die Kinder aus und man lebt 30 bis 40 Jahre nur zu zweit in einem großen Haus." Mit Blick auf Baugrund lobte sie das Mittel des Vorkaufsrechts für Kommunen, wenn die von diesen verkauften Flächen später weiterveräußert werden. Grünen-Stadträtin Verena Kuch warb dafür, dass Kommunen selbst bauen, und zwar für verschiedene Wohnsituationen: "Ein Single darf sich dann nicht für eine Drei-Zimmer-Wohnung bewerben." Ihr Stadtratskollege Jörg Kästl (ÖDP) lobte zwar, dass sich in Moosburg zuletzt beim geförderten Wohnungsbau etwas getan habe, kritisierte aber, "dass es gar kein allgemeines Konzept für eine Wohnraumentwicklung gibt".

Beim Thema Mobilität brauche es "eine radikale Wende", forderte Kirner. Die Freisingerin ist selbst auf dem Land aufgewachsen, und da sei man zumeist auf das Auto angewiesen. Deshalb hat sie jüngst ein neues Buskonzept für Freising und den Landkreis vorgestellt. Mehltretter plädierte für das 365-Euro-Ticket im öffentlichen Nahverkehr: "Da müssen auch Bund und Länder mit Steuermitteln einspringen." Andreas Fincke vom Freisinger Verein Stadtteilauto sagte, die Mobilitätswende scheitere oft am Mindset der Leute. Die nötigen sieben bis 15 Leute zu finden, die sich ein Auto teilen, "ist oft ein Problem".

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